Ingolstadt
"Inspektor Craddock ist ein Tollpatsch"

Erol Sander ermittelt in Agatha Christies Kriminalstück "Ein Mord wird angekündigt" Gastspiel am 30. Dezember im Ingolstädter Festsaal

15.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr

Das Fernsehpublikum kennt ihn als Kommissar Mehmet Özakin in der ARD-Krimireihe "Mordkommission Istanbul". Jetzt steht Erol Sander in einem Miss-Marple-Fall auf der Bühne. - Foto: Nitschke/Carpe Artem

Ingolstadt (DK) Eigentlich ist er Fernsehstar. Für die Agatha-Christie-Produktion "Ein Fall für Miss Marple - Ein Mord wird angekündigt" wechselt Erol Sander auf die Theaterbühne. Als Inspektor Craddock wird er einen Mord im beschaulichen Dorf Chipping Cleghorn lösen. Natürlich nicht allein, denn dafür braucht der gute Inspektor wie im Roman-Vorbild seine Miss Marple, die sich mit allen menschlichen Tiefen und Untiefen auskennt. Die Produktion des Theaterbüros Herwegh ist am Samstag, 30. Dezember, im Festsaal des Theaters zu sehen. Im Interview erzählt Erol Sander, wie es ihm als Inspektor Craddock geht.

Herr Sander, Ihre Rollen in Krimis haben Sie bekannt gemacht, wie sind Sie eigentlich zu dem Genre gekommen?

Erol Sander: Das war mehr oder weniger Zufall, angefangen hat es 1999 mit "Sinan Toprak, der Unbestechliche" bei RTL. Danach habe ich einige romantische Filme gemacht und wurde dann wieder ins Krimifach zurückgeholt. Jetzt bin ich Hauptkommissar in Istanbul für die Reihe "Mordkommission Istanbul" - und Miss Marples Inspektor Craddock.

 

Von der Mordkommission Istanbul zu Miss Marple - ist das ein Auf- oder Abstieg?

Sander: Weder noch, Miss Marple ist eine Bereicherung. Die Mordkommission läuft ja weiter, die 20. Folge wird im Februar ausgestrahlt, die 21. und 22. drehen wir im März und April. Daneben war dieses Jahr ein Theaterjahr, was mich sehr freut, weil es zusätzliche Herausforderungen bringt. So habe ich auch an der Oper gearbeitet. Auch wenn die Rolle des Bassa Selim im Singspiel "Die Entführung aus dem Serail" eine Sprechrolle ist, so war sie doch eine Herausforderung für meine Stimme, da musste jede Silbe sitzen.

 

Sie haben deutlich mehr Fernsehfilme gedreht als Theater gespielt - wie sind Sie zum Theater, wie zu Miss Marple gekommen?

Sander: Die Idee hatte Produzent Christian Reinisch. Er sagte zu mir: "Erol, wie wäre es mal mit Theater" Ich fand die Idee gut. Angefangen haben wir vor vier Jahren mit der Rezitation von Oskar Wildes "Das Bildnis des Dorian Gray". Das ist ein schwieriges Thema - der Mensch mit seinem Hang zu Hedonismus und Narzissmus. Danach wollte ich gerne mal Komödie spielen, etwas Leichtes. Daher habe ich mich sehr über die Rolle in Miss Marple gefreut. Wir werden in 50 Häusern auftreten, die ersten fünf Vorstellungen waren super. Die Leute hatten eine gute Zeit, es gibt viel zu schmunzeln und einige spannende Elemente.

 

Wer spielt eigentlich Miss Marple, kommt sie an Margaret Rutherford heran?

Sander: Christl Bergmeier spielt Miss Marple, und sie macht das sehr gut, sehr akribisch, sehr präzise - sie bekommt das super hin. Margret Rutherford ist nicht das Problem, weil "Ein Mord wird angekündigt" weniger bekannt ist und vor allem, weil Miss Marple damals von Joan Hickson gespielt wurde. Da haben wir die Möglichkeit, noch eins draufzusetzen. Natürlich ist es immer ein Geben und Nehmen im Ensemble. Kein Mensch kann einen König spielen, wenn die anderen ihn nicht als König ansehen. Wir haben ein tolles Tournee-Ensemble, das seit Jahren zusammenspielt, es macht Spaß, mit Regisseur Jörg Herwegh und dem Team zu arbeiten.

 

Wer das Plakat sieht, bekommt das Gefühl, Inspektor Craddock steht im Mittelpunkt des Stücks und nicht Miss Marple ...

Sander: Das Stück ist so geschrieben, dass Inspektor Craddock die wichtige Ermittlungsarbeit erledigt. Aber natürlich dürfen wir Miss Marple nicht vernachlässigen, sie spielt eine wichtige Rolle.

 

Wie geht es Ihnen als Inspektor Craddock, der permanent auf der falschen Spur ist, so ganz anders als Mehmet Özakin in Istanbul?

Sander: Klar, Craddock ist eine Nummer kleiner, er macht viele Fehler, ist ein Tollpatsch. Aber das ist es ja gerade, ich wollte Spaß haben auf der Bühne, selber lachen und mich selber aufs Korn nehmen. Wenn ich gegen die Tür laufe, dann meint das Publikum oft, das sei ein Versehen, aber ich glaube am Ende, da kommt es an.

 

Wie gefällt Ihnen das Tourneetheaterleben, gerade jetzt in der so genannten staaden Zeit?

Sander: Natürlich reisen wir sehr viel, von A nach B, von C nach D und wieder zurück nach A. Ich finde es schön, herumzukommen und Theater richtig zu erleben. Die Adventszeit spielt da keine Rolle, die verbringt jeder anders. Die einen besuchen Familienangehörige, andere reisen in die Berge, wieder andere bleiben zu Hause. Ich lerne gern neue Städte kennen.

 

Wahrscheinlich auch kulinarisch, nachdem Sie gerade vom Schlemmer Atlas zum "Genießer des Jahres 2018" gekürt wurden. Was essen Sie zu Weihnachten?

Sander: Am liebsten mag ich es traditionell mit Weihnachtsgans, aber es darf auch gern mal etwas Raffiniertes, Ausgefallenes sein, da bin ich nicht wählerisch.

 

Das Interview führte

Andrea Hammerl.

 

 

ZUR PERSON

Erol Sander wurde 1968 in Istanbul geboren und lebt seit 1973 in München. Nach dem Abitur begann Sander ein Studium der Wirtschafts- und Politikwissenschaft. 1990 ging er nach Paris, um als Fotomodell unter anderem für Armani, Dolce & Gabbana und Christian Dior zu arbeiten. Parallel zu seiner Arbeit als Model nahm Sander Schauspielunterricht. Im deutschen Fernsehen debütierte er 1999 als türkischstämmiger Fernsehkommissar in der Titelrolle des Sinan Toprak. Als Kommissar Mehmet Özakin wirkt er seit 2008 in der ARD-Krimireihe "Mordkommission Istanbul"mit. Bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg war er auch als Winnetou zu sehen.