Weißenburg
Im Wald der Weißenburger Geschichte

Franzobel schreibt für Jubiläumssaison des Bergwaldtheaters "Lebkuchenmann" - Hauptdarsteller ist Andreas Schadt

11.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:22 Uhr
Stellten jetzt die ersten Szenen aus dem "Lebkuchenmann", dem Jubiläumsstück für das Weißenburger Bergwaldtheater, vor: Florian Huber, Regisseur Georg Schmiedleitner, Autor Franzobel, Rebbeka Gruber und Antje Wagner (von links). −Foto: Schneider

Weißenburg (DK) Es ist das "Jubiläumsgeschenk" an das Weißenburger Bergwaldtheater: Die Naturbühne im Stadtwald der mittelfränkischen Kreisstadt wird 2019 90 Jahre alt. Dazu kommt das Stück "Der Lebkuchemann" auf die Bühne - eigens verfasst von Franzobel. Weißenburg hat den österreichischen Schriftsteller alias Franz Stefan Griebl eigens als Stadtschreiber für dieses Jubiläum engagiert. In den gut drei Monaten, in denen er in der Stadtschreiberwohnung lebte, hat er sich durch die Archive gelesen - und die dreibändige Chronik Weißenburgs ("Ich bin wohl der erste, die die ganz gelesen hat.").

Allerdings: Die "große Geschichte" hat er nicht gefunden, vielmehr eine Vielzahl kleiner, aber feiner Anekdoten, Begebenheiten und Begegnungen. Er hat geschrieben und geschrieben. Und herausgekommen ist ein "moderner Sommernachtstraum". So bezeichnet ihn Franzobel jedenfalls selbst und bekommt dafür anerkennendes Nicken des Regisseurs des Stücks - kein Geringerer als Georg Schmiedleitner.

Wer wollte, konnte jetzt schon einmal in das Stück hineinschnuppern - im wahrsten Sinn des Wortes: Die Weißenburger Schranne, ein gotisches ehemaliges Gotteshaus, war mit frischen Hackschnitzeln ausgelegt, es duftete nach Wald. Schließlich wird das Stück im Juli - genauer gesagt am 12., 13., 14., 19., 20.,21, 25., 26., 27. und 28. Juli im Bergwaldtheater gezeigt. Und: Es spielt auch im Wald, im "Stadtwald". Aber, ob es sich dabei um den reellen Stadtwald der mittelfränkischen Stadt Weißenburg handelt (laut Oberbürgermeister Jürgen Schröppel immerhin 2500 Hektar) oder ob es ein "Wald der Geschichte" ist, ein "Traumwald", oder ein "Zukunftswald" - das soll den Zuschauern überlassen sein.

Die Rahmenhandlung lässt eher auf einen Traumwald schließen - es geht um die Macht der Erlkönigin, um Begegnungen mit der Waldelfe Phöbe. Die nächsten Momente widmen sich dann eher wieder der Geschichte, nehmen den Zuschauer mit in die Hochzeit der Katharina Döderlein, die in Weißenburg anno 1595 gefeiert wurde, lassen einen Fliegerangriff 350 Jahre später durchleben oder - und damit wären wir mitten in der realen Welt - lassen die Diskussion um Flüchtlinge aufleben. "Wir stellen Fragen an die Geschichte, wir stellen Fragen an Weißenburg, wir stellen Fragen an die Bevölkerung", sagt Regisseur Georg Schmiedleitner. Das sei wichtig, brauche ein Dorf, eine Gemeinde, eine Stadt doch ihre Geschichte. "Wenn man sie vergräbt, kommt sie wieder nach oben, als Untote", ist Schmiedleitner, der mit Franzobel zusammen bereits unter anderem im österreichischen Theater Hausruck gearbeitet hat, überzeugt. "Wir lassen die Geschichte nicht ruhen", sagt er. Eine "Geisterfahrt durch die Zeit" habe er entwickeln wollen. Und diese mit der heutigen Zeit - was dem ersten Eindruck nach sehr wohl gelungen ist.

Auch wenn der "Lebkuchenmann" nicht automatisch so konzipiert ist, wie Autor Franzobel betont: Die Gesellschaftskritik lässt sich bei den Dialogen durchaus zwischen den Zeilen hören, vor allem, wenn sich in der Rahmenhandlung zwischen all den realen geschichtlichen Ereignissen ein Machtkampf im Elfenreich entwickelt: "Es hat keine gewollte politische Aktualität", sagt er. Dennoch "müssen wir aus unserer Geschichte lernen", unterstreicht dann auch noch einmal Regisseur Schmiedleitner.

Was es mit der gleichnamigen Titelfigur des "Lebkuchenmanns" auf sich hat, bleibt zunächst unbeantwortet, genauso wie die Frage, wer ihn spielt. Klar ist allerdings bereits, dass Andreas Leopold Schadt, der Kommissar aus dem Franken-Tatort, einer der drei Profi-Hauptdarsteller sein wird. Zusammen mit bis zu 150 Laiendarstellern - vom Kleinkind bis zum Greis - aus Weißenburg. Ob es am Ende zum "modernen Sommernachtstraum" reicht? Schmiedleitner und Franzobel werden ab sofort daran arbeiten - bis zur Premiere am 12. Juli.

DAS THEATER

Die 90-Jahr-Feier des Weißenburger Bergwaldtheaters ist ein wenig willkürlich gewählt. Immerhin ist das Bergwaldtheater älter und jünger zugleich. Schon vor mehr als 200 Jahren gab es in dem Wald nahe der heutigen Bühne Aufführungen lokaler Gruppen. Der früheste Beleg für Theater im Wald datiert aus dem Jahr 1791. 
So richtig begann die Bergwaldtheatergeschichte aber erst 1928, als die Stadt den Architekten Bernhard Nill beauftragte, aus dem alten Steinbruch eine Naturbühne zu machen. Schon 1929 wurde das neu errichtete Theater mit der Premierenvorstellung eingeweiht. Mit dem eigens für die Bühne geschriebenen „Weißenburger Waldspiel“. Insofern schließt sich der Kreis, wenn man nun zum 90-Jährigen mit „Der Lebkuchenmann“ wieder ein Stück aufführt, dass man sich hat schreiben lassen. Die Jubiläumssaison im Bergwaldtheater umfasst insgesamt 17 Veranstaltungen. 
Detailliertere Informationen zu den einzelnen Programmpunkten und genauen Daten gibt es online unter www.bergwaldtheater.de. Der offizielle Vorverkauf läuft bereits: Karten gibt es auch bei allen Geschäftsstellen unserer Zeitung.DK

Marco Schneider