München
Honigduft und Flügelcolliers

Die Galerie Handwerk in München widmet sich dem Thema Bienen und deren Einfluss auf die Kunst

20.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:09 Uhr
Joachim Goetz
  −Foto: Galerie Handwerk

München (DK) Bevölkerte Bienenstöcke im Rabatten-Vorgarten der Münchner Galerie Handwerk wären wohl doch zu viel der Anschaulichkeit gewesen.

Dennoch ist die Ausstellung "Bienengold", die in den großzügigen Räumlichkeiten in der Ottostraße gezeigt wird, überaus informativ. Nicht nur viele Kunstwerke und kunsthandwerkliche Objekte, die sich mal mehr mal weniger offensichtlich mit dem Bienenthema beschäftigen, erfreuen den Besucher. Auch sind zwei umfangreiche Kapitel der Zeidlerei sowie der Imkerei gewidmet.

Zeidler? Nicht nur ein verbreiteter Familienname. Zeidler waren seit dem frühen Mittelalter die professionellen Sammler des Honigs wilder oder halbwilder Bienenvölker in den Wäldern. Das klingt einfach - war aber nicht ohne Hilfsmittel möglich. Den süßen Honig schätzten nämlich auch wilde Tiere wie Bären. So schlug man in luftiger Höhe in alte Bäume Hohlräume hinein, sogenannte Beuten, verschloss sie mit einem Brett mit Einflugsloch. Mit Glück siedelten sich Wildbienen darin an und lagerten ihren Honig ab.

Später fertigte man auf dem Boden "Klotzbeuten" an, die mit geflochtenen Seilen aus verschiedenen Materialien in die Bäume gehängt wurden. Zur Ernte ließ man die schweren Holzteile einfach auf den Boden herab. Das alles lässt sich - wie auch die viel komplexere moderne Imkerei - an den Exponaten anschaulich nachvollziehen, die teils vom Bienenmuseum Illertissen, dem Zeidel-Museum Feucht, einer Lebzelterei und Wachszieherei und zahlreichen anderen Leihgebern ausgeliehen wurden.

Die Zeidlerei inspiriert heute neben einzelnen Gruppen, die mit den alten Methoden vor allem nahrhaften Naturschutz betreiben, auch Künstler. Zu sehen: großformatige Aufnahmen des polnischen Fotografen Krzysztof Hejke, der die letzten, sozusagen hauptberuflichen Zeidler Europas - vor allem in den östlichen Staaten - eindrucksvoll mit ihren Gerätschaften und Werkzeugen porträtiert. Zu modernen künstlerischen Interpretationen reizt offensichtlich vor allem die Beute. So schaffen nicht wenige Künstler Figurenbeuten - etwa in Form von Bären oder Gesichtern. Von Birgit Jönsson aus Nürnberg gibt es sogar Sharon Stone oder Marilyn Monroe als Holz-Beute für Bienenzucht. Ansonsten sollen eher Soldaten und fratzenhafte Gesichter einem möglichen Honigdieb gehörig Schrecken einjagen. Symbolisch - aber dekorativ.

Der international beachtete oberbayerische Holzbildhauer Ernst Gamperl stellte ein archaisches, auf drei hohen Stelzen ruhendes rundes Stammholz in den Raum, der Wildbienen Heimat bietet.

Den weitaus größten Raum nehmen freilich die künstlerischen und kunsthandwerklichen Objekte ein, die von der Imkerei und unserer heutigen Honigbiene inspiriert wurden. Das reicht von einem (freilich nicht zum Hausgebrauch bestimmten) Gefäß, das nach Bienenwachs duftet, bis hin zu Grafiken, Tapeten und Textilien, deren Dekor von einem Faible für die Imkerei zeugt.

Künstlerisch auffällig: die vielen einzigartigen Glasobjekte, die sich mit der Wabenstruktur beschäftigen. Aber zu finden sind auch Installationen mit Bienen aus unterschiedlichen Materialien, eine Bienenmaske oder Honigkristalle sowie skulpturale Arbeiten aus Bienenwaben oder Votivgaben aus Wachs.
Bei Luci Jockel (USA) wird sogar die Biene selbst zum Material. Aus den transparenten Flügeln schafft die Künstlerin Colliers, aus Körpern toter Bienen Ketten. Höchst fragil - nicht zum Tragen, aber zum Nachdenken.

Galerie Handwerk, Max-Joseph-Straße 4, München, bis 6. Oktober, Di, Mi, Fr 10 bis 18 Uhr, Do 10 bis 20 Uhr, Sa 10 bis 13 Uhr. Eintritt frei.

Joachim Goetz