Ingolstadt
Herrlich entspannt

The Big Chris Barber Band im Audi-Forum - Leider ohne Frontmann

25.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:46 Uhr
Drei von neun Musikern: Pete Rudeforth, Mike Henry und Bob Hunt (von links) bei ihrem Auftritt in Ingolstadt. −Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Die schlechte Nachricht zuerst: Chris Barber, Chef seiner eigenen Big Chris Barber Band, muss auf Grund einer überraschenden Operation das seit längerem bereits ausverkaufte Konzert im Audi-Forum absagen.

Dann aber die gute: Seine Jungs erledigen auch ohne ihn einen ganz vorzüglichen Job.

New Orleans Jazz, Traditional, Old Time, Blues und Swing - all diese Schlagwörter verbindet man mit dieser britischen Band, die wie kaum eine sonst bereits in den ersten Nachkriegsjahren zur Verbreitung des Jazz in Europa beigetragen hat. Und mit ihrer Musik sogar mehrmals in die Hitparaden kam. An diesem Abend bietet das Nonett seinem Publikum einen Querschnitt durch seine eigene und somit einen Teil der Jazzgeschichte. Und die Leute im Saal sind entzückt von der Spielfreude, die man trotz aller Routine der Band bei jedem Takt anmerkt. Auch nach so langer Zeit noch.

Während Bert Brandsma, einer der drei Saxofonisten/Klarinettisten, charmant durchs Programm führt, steht der Posaunist Bob Hunt hinter den Arrangements. Die sind bei einer Big Band ja von besonderer Bedeutung und in diesem Fall in der Tat höchst beeindruckend. Wie Blech- und Holzbläser, Saxofone, Trompeten und die Posaune gegeneinander antreten, sich duellieren, dann verzahnen, umgarnen und schließlich umarmen, ist nicht nur spannend, sondern auch mit Witz in Szene gesetzt. Bob Hunt versteht sein Handwerk in der Tat. Alle Achtung.

Beim "Wild Cat Blues" spielt ein Quartett und bei "Isle Of Capri" ein Sextett. Es gibt also, wie bei Big Bands einst durchaus üblich, auch in diesem Fall spezielle Combos innerhalb des großen Klangkörpers. Ihre ganze Strahlkraft aber entfaltet die Formation, wenn sie komplett auf der Bühne steht, eine dieser hinreißenden und zeitlosen Stücke aus der Feder Duke Ellingtons intoniert, etwa den "Rent Party Blues" oder "Jungle Nights In Harlem", oder das unverwüstliche "When The Saints Go Marching In" anstimmt. Ausgerechnet diese Nummer? Hat nicht wirklich jeder im Saal schon diesen Gassenhauer mindestens in hundert Versionen gehört? Vermutlich schon, aber wohl selten in so origineller Bearbeitung.

Eine Big Band würde ohne straffe Organisation, ohne Disziplin, ohne absolute Präzision und ohne sture Befolgung vorher getroffener Absprachen nicht funktionieren. Das gilt auch für die Big Chris Barber Band. Nur: Davon merkt man nichts. Obwohl fast alles bis ins Detail einstudiert ist, wirken die Songs wie spontan aus dem Hut gezaubert und das Konzert wird zu einer herrlich relaxten Angelegenheit. Es macht ganz einfach so richtig Spaß, diesen neun Herren bei ihrer Arbeit zuzuschauen und zuzuhören. So soll es sein.

Dear Mr. Barber, wir haben Sie im Audi-Forum sehr vermisst. Aber Sie haben uns da eine tolle Truppe nach Ingolstadt geschickt. Get well soon!

 

Karl Leitner