Schrobenhausen
Große Gefühle in kleiner Besetzung

Die Barockmusiktage schlagen eine Brücke zwischen Paris und Schrobenhausen

16.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:05 Uhr
Musik für Connaisseure - damals am Hof von Versailles, am Samstag in Schrobenhausen mit Sopranistin Mirjam Striegel und dem Ensemble Musica Narrans um Gambist Jakob Rattinger. −Foto: Erdle

Schrobenhausen (DK) Die Schrobenhauser Barocktage auf den Spuren des Blauen Kurfürsten - ein bei näherer Betrachtung naheliegender Bezug, war Max Emanuel doch neben seinen kühnen Taten in den Türkenkriegen nicht nur als Förderer der Künste bekannt (was die bayerischen Staatschulden noch im 19. Jahrhundert belastete), sondern auch als zeitlebens begeisterter Gambenspieler.

Jakob Rattinger und das sechsköpfige Ensemble Musica Narrans - von Kulturreferent Klaus Englert eingangs zutreffend (wenngleich in wenig barocker Diktion) als "super-super Musiker" gewürdigt - hatten im Bauer-Konferenzgebäude einen kurzweiligen Abend mit Werken aus der Zeit von Max Emanuels mehrjährigem Exil in Frankreich zusammengestellt, der beredtes Zeugnis gab von Charme, Eloquenz und Schwung des Hochbarock. Interessant ließ sich dabei auch manchen italienischen Einflüssen auf die "gallische" Musik um 1700 nachhören. Ein echtes Kammerkonzert im vergleichsweise intimen, auch akustisch ansprechenden Rahmen und mit Musik, die nicht vor allem durch äußerlichen Prunk auffallen will, sondern vielmehr auf höchste Eleganz, Delikatesse und Finesse der Aufführung rechnet. Und diese ausdrucksvolle Eloquenz war bei den ausgewiesenen Könnern der Musica Narrans ebenso garantiert wie musikalischer Enthusiasmus etwa für die Sonaten von Jean-Baptiste Lully, François Couperin und Marin Marais.

Marion Treupel-Franck an der Traversflöte gefiel durch äußerst plastisches Musizieren, Flöte und Geige setzten viele Akzente und bewältigten eindrucksvoll homogen die vielfachen parallel geführten Passagen. Und wer behauptet, eine Barockgeige klinge zwangsläufig spröde, hat offenkundig Lina Tur-Bonet noch nie gehört, die mit stupender Lockerheit und Flexibilität ihrem Instrument eine ganze Palette an Ausdrucksfarben entlockt. Jakob Rattinger, mit den improvisatorischen "Voix humaines" und dem schwungvollen "Le Troilleur" von Marin Marais auch solistisch zu hören, bot je nach Anforderung virtuoses Passagenwerk ebenso gelungen wie dienende bzw. stützende Begleitstimmen. Axel Wolf an der Theorbe lässt sich inzwischen fast schon als zum Inventar der Barockmusiktage gehörig bezeichnen, und als unaufgeregt-professionelle Grundlage bewies der holländische Cembalist Rien Voskuilen, warum er auch als Continuospieler weithin gefragt ist. Bruchlos fügte sich hier die junge Sopranistin Mirjam Striegel, Absolventin der Schola Cantorum Basiliensis, ein, die insbesondere die vokalen Herausforderungen der nur Continuo-begleiteten "Leçons de Ténèbres" von Couperin bravourös meisterte und ihre klare Stimme dabei gekonnt einzudunkeln wusste. Den gelungenen Abend rundeten Ausschnitte aus zwei Kammerkantaten - eine Art "typisch französische" Miniaturoper für Gesangsstimme und kleine Besetzung mit dramatischen Rezitativen, instrumentalen Zwischenspielen und gefühlsstarken Arien, wie sie nach italienischem Vorbild um 1710 etwa Louis-Nicolas Clérambault mit "Léandre et Héro" entwickelte.

Enthusiasmiert entließen die knapp 100 Besucher (darunter die Bürgermeister von Schrobenhausen und Aichach sowie einige Stadträte) die Musiker erst nach drei Zugaben, darunter als Da Capo vom Konzertbeginn das feine französische Chanson der "Jeune fillette".

Florian Erdle