München
Für immer jung

Ikone der politischen Songs: Joan Baez auf Abschiedstournee in der Münchner Philharmonie

18.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:59 Uhr
Stimme des Protests: Joan Baez in München. −Foto: Buchenberger

München (DK) Mit "Forever Young" von Bob Dylan läutet die legendäre Poetin und Pazifistin Joan Baez das Ende des Konzerts in der ausverkauften Philharmonie ein. Ein Song, der ihr Schaffen und die Künstlerin selbst perfekt auf den Punkt bringt. Mit 78 Jahren wirkt die gebürtige New Yorkerin fit und frisch.

Laut Aussage des Tourneeveranstalters war sie tagsüber im Fitnessstudio und beim Joggen in einem Wald südlich von München. Auch das Repertoire, darunter viele Stücke von Dylan, mit dem sie in den 60ern liiert war, klingt zeitlos und selbst nach Jahrzehnten kaum gealtert.

Kurz nach 20 Uhr betritt Joan Baez in engen Jeans, Boots und Sakko die Bühne und beginnt zur Akustikgitarre mit "Don't Think Twice, It's All Right". Mit dem folgenden "Last Leaf" von Tom Waits kokettiert sie dann doch mit dem Alter. "Ich fühle mich wie das letzte Blatt am Baum, und als ob ich schon immer da gewesen bin", meint sie in Anspielung auf den Titel. Weiter wird das aber nicht thematisiert. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass es sich bei der laufenden Tournee um die letzte handelt. Und auch die Politik kommt nur wenig zur Sprache. Ein Seitenhieb auf Donald Trump, den sie für "krank und gefährlich" hält und das Flüchtlingen und Migranten gewidmete "Deportee", im Original von Kult-Sänger-Songwriter Woody Guthrie, mit der Ansage "es ist keine Zeit um Mauern zu bauen" sind die offensichtlichsten politischen Statements.

Sehr ergreifend der neue Titel "The President Sang Amazing Grace", in dem es um das Kirchenmassaker in Charleston geht, bei dem neun Menschen erschossen wurden. Auf einer Trauerveranstaltung sang der damalige US-Präsident Barack Obama den Sakralklassiker "Amazing Grace", weil ihm die Worte fehlten. Titel wie "A Hard Rain's A-Gonna Fall" von Bob Dylan, das eine Reaktion auf die Atombombentests zu Beginn der 60er war, sind eher subtil politisch. Begeisterung und Ergriffenheit beim auf Deutsch gesungenen "Abendlied" von Matthias Claudius. Viel performt Baez mit schöner und starker Stimme alleine, vereinzelt steht ihr aber Grace Stumberg vokal zur Seite. Die Band besteht aus Dirk Powell an den unterschiedlichsten Saiteninstrumenten wie Gitarre, Mandoline, Banjo und am Piano und ihr Sohn Gabriel an der Percussion. Dieser hebt meist mit Besen passende sanfte Rhythmen unter die Songs, die gerade durch ihre Einfachheit so kraftvoll wirken.Wie die ultimative Friedenshymne "Imagine" von John Lennon. Natürlich fehlt auch der Klassiker "Diamonds And Rust" während der intensiven Performance nicht.

Das voraussichtlich allerletzte deutsche Konzert der Jahrhundertkünstlerin findet am 18. Juli im Barockgarten in Füssen statt. Sollte man zumindest einmal erlebt haben!

Martin Buchenberger