Berlin
Frau mit Geheimnis

Die neue ZDF-Serie "Die Protokollantin"

19.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:44 Uhr

Berlin (DK) Von dem bekannten Krimiautor Friedrich Ani ("Der namenlose Tag") stammt die Idee, Nina Grosse hat daraus ein Drehbuch gemacht, Oliver Berben ist der Produzent und seine Mutter Iris Berben spielt die Titelrolle: "Die Protokollantin" heißt eine fünfteilige Serie, mit der das ZDF zeigen will, dass man auch moderne Serie kann - mit Figuren, die aus sich selbst agieren.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Polizeiprotokollantin Freya Becker, eine graue Maus um die 60, unauffällig, unscheinbar, unnahbar. "Für mich ist das Ungewöhnliche an dieser Rolle nicht das äußere Erscheinungsbild. Für mich ist es die Reduktion im Spiel", sagt Iris Berben, und weiter: "Für einen Schauspieler ist diese Reduziertheit eigentlich die schönste Basis zum Spielen. Man kann sich hinter nichts mehr verstecken und muss im wahrsten Sinne des Wortes ?nackt' spielen. Dein Gesicht steht im Fokus und erzählt Geschichten: Schmerz, Wut, Unverständnis. Freya als eine zurückhaltende, aber auch sehr gefährliche Frau mit großer Distanz zu spielen, die trotzdem eine große Eindringlichkeit hat, hat mich sehr gereizt. Alle Serienfiguren sind Rollen, die keine Kunstfiguren sind, sondern die einem sehr nahe werden können."

Diese Freya hat schon viel durchgemacht im Leben: Häusliche Gewalt war das Thema ihrer Kindheit. Irgendwann verließ sie das Elternhaus mit ihrem jüngeren Bruder Jo, der heute ein Restaurant betreibt. Sie sitzt täglich im Verhörraum, protokolliert abscheuliche Gewalttaten. Auch ihre Tochter fiel wohl einem Verbrechen zum Opfer. Vor elf Jahren ist Marie verschwunden. Alle glauben, dass sie tot ist. Freyas Mann hat den Schicksalsschlag nicht überlebt. Und sie kann noch immer nicht loslassen. Unterstützt von ihrem Seelenverwandten Damir beschließt sie, dort für Gerechtigkeit zu sorgen, wo das Recht ihrer Meinung nach versagt hat. Ein Vergewaltiger, der freigesprochen wird, ist ihr Opfer. Doch Freyas neuer Chef Henry Silowski (Peter Kurth), den sie vom Fall ihrer Tochter her kennt, geht der Sache nach und will ähnliche, ungeklärten Mordfälle der letzten zehn Jahre einbeziehen.

Was macht es aus einer Frau, wenn sie täglich und über Jahre mit Gewalt konfrontiert wird? - das ist die Ausgangssituation für die spannende Krimiserie, die eindrucksvoll mit ambivalenten Figuren und multiperspektivisch erzählt wird. Autorin Nina Grosse und Samira Radsi ("Deutschland 83") haben die abgründige Story sehr stringent inszeniert, als abwechslungsreichen Mix aus Drama, Krimi und Liebesgeschichte.

Iris Berbens reduziertes Spiel zwischen Wut, Schmerz und Zu-rückhaltung ist sehenswert, Mo-ritz Bleibtreu als Jo, der wie so oft famose Peter Kurth (gerade erst in "Babylon Berlin") und - eine Entdeckung - Katharina Schlot-hauer als Ermittlern setzen in dieser Serie die weiteren Akzente.

"Die Protokollantin", fünf Folgen, ZDF, immer samstags, 21.45 Uhr (alle Folgen in der ZDFmediathek).

 

Volker Bergmeister