Ingolstadt
Fesselnde Klangsinnlichkeit

Ruben Gazarian und das GKO überzeugen mit frankophilem Programm

21.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:14 Uhr
Florian Olters
Sie glänzen aus sich selbst heraus: Ruben Gazarian und das Georgische Kammerorchester beim Saisonauftakt. −Foto: Schaffer

Ingolstadt (DK) Manche Orchester verstecken sich hinter prominenten Solisten.

Sie brauchen große Namen, weil sie nicht aus sich selbst heraus glänzen. Das Georgische Kammerorchester Ingolstadt (GKO) hat dies ganz und gar nicht nötig. Es entwickelt sich unaufhörlich weiter, arbeitet beharrlich an der eigenen Klangkultur. Die konsequente, zielorientierte Arbeit des Chefdirigenten Ruben Gazarian zahlt sich aus. Genau das zeigte jetzt das erste Abonnementkonzert des GKO nach der Sommerpause im Festsaal Ingolstadt. Der Abend wurde nur von dem Orchester und Gazarian am Pult gestemmt: ein Programm ganz ohne Solisten. Alle Aufmerksamkeit war allein auf das GKO gerichtet.

Die Musiker haben die Feuerprobe bestanden, mit äußerster Bravour. Dabei stand der Abend unter schwierigen Vorzeichen, denn: Der bisherige Konzertmeister Irakli Tsadaia hat das GKO verlassen, um zum Beethovenorchester in Bonn zu wechseln. Seine Nachfolge steht noch nicht fest. Dieser Prozess steht gegenwärtig ganz oben auf der Agenda des GKO. Beim jetzigen Konzert führte Doren Dinglinger vom Münchner Rundfunkorchester (MRO) an: ausgesprochen umsichtig und feinsinnig.
Noch dazu war das Programm ziemlich anspruchsvoll. Schon in der ersten Hälfte hätte viel schiefgehen können, denn: Mit der Orchestersuite "Pelléas et Melisande" von Gabriel Fauré sowie "Ma mère l'Oye" von Maurice Ravel kamen Werke zu Gehör, die nach absoluter Kultiviertheit in der Ausgestaltung des Klangs verlangen. Ursprünglich ist Faurés Musik für eine Aufführung des gleichnamigen Schauspiels von Maurice Maeterlinck entstanden: 1898 in London.

Einem breiten Publikum ist vor allem die Opernvertonung von Claude Debussy bekannt. Die Suite von Fauré fristet hingegen hierzulande eher ein Schattendasein, obwohl die Musik viel Noblesse und Raffinement atmet. Sie ist ungeheuer expressiv und gleichzeitig vielfach mehrdeutig und schwerelos schwebend. Die GKO-Musiker glänzten mit einer ganz feinen, luziden Klanggestaltung. Jedes noch so kleine Detail wurde glasklar ausgeleuchtet: ganz genau durchhörbar. Schon dieser Fauré wurde ein spannendes Hörereignis, was sich in Ravels "Meine Mutter Gans" fortsetzt. Auch hier bildet die Märchenwelt den Hintergrund des Stücks: konkret die "Contes de ma mère l'oye" von Charles Perraults aus dem Jahr 1697. Die Partitur ist äußerst tückisch.

Wer die raffinierte, wirkungsvolle Orchestrierung mit Effekthascherei verwechselt, scheitert kläglich. Hier ist alles ganz präzise gesetzt. Die Farbgebung und Dynamik sind punktgenau ausbalanciert. Unter Gazarians Leitung wurde die Musik hellhörig seziert. Das Ergebnis war eine fesselnde Klangsinnlichkeit, und das setzte sich nach der Pause fort.

Hier war es besonders gefährlich, denn: Die "Antiche Danze ed Arie" von Ottorino Respighi können schnell aufgedonnert wirken. Nicht so beim GKO: Auch hier profitierte der Abend nicht nur von den exzellenten Bläsern, sondern gerade auch von den GKO-Musikern selber. Es offenbarte sich vollends, dass die "Verjüngungskur" der letzten Zeit beim GKO goldrichtig ist. Die jungen Neuzugänge bereichern ganz entschieden das Ensemble.

Florian Olters