Neuburg
Fesselnde Klangfarben

Ensembles Marsyas Baroque und Infiammabile gewinnen den 20. Biagio-Marini-Wettbewerb in Neuburg

09.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:08 Uhr
  −Foto: Patricia Viertbauer

Neuburg (DK) Er ist bayernweit der einzige permanent stattfindende Concours, der sich ausschließlich an Kammerensembles für Alte Musik richtet - und feierte nun sein mittlerweile 20-jähriges Bestehen: Alljährlich wird der Biagio-Marini-Wettbewerb im Rahmen der Neuburger Sommerakademie ausgetragen.

Diesmal zeichnete sich bereits unmittelbar nach den Auftritten aller sechs vorab ausgewählten Gruppen im prachtvoll passenden Ambiente des Kongregationssaals ab, dass es innerhalb der hochkarätigen Fachjury auf eine Entscheidung zwischen den Formationen Marsyas Baroque und Infiammabile hinauslaufen würde.

Als Gewinner des ersten, mit 2000 Euro dotierten Preises ging letztendlich zu Recht das Damenquartett Marsyas Baroque hervor. Denn wie temperamentvoll, leidenschaftlich und mitreißend María Carrasco Gil an der Barockvioline, Paula Pinn an der Blockflöte, Konstanze Waidrosch am Barockcello sowie Sara Johnson Huidobro am Cembalo zwei Sonaten von Dario Castello und Georg Philipp Telemann interpretierten, war wirklich überragend. Kaum zu glauben, dass die vier Musikerinnen erst im vergangenen Jahr bei der Trigonale in Kärnten zusammengefunden haben. Sie überzeugten nicht nur mit dem fesselnden Farbenreichtum ihres Ausdrucks- und Klangspektrums, sondern auch mit feinst nuancierten dynamisch-agogischen Abstufungen und stimmig-homogener Sinnlichkeit. Große Suggestivkraft vereinte die faszinierende Frauenformation mit jugendlicher Frische. Durch genau eine solch bravouröse Kombination wurde offensichtlich, dass Marsyas Baroque von allen Konkurrenten über die packendste und zugleich ausgereifteste Gestaltungsbandbreite verfügten. Damit haben sie übrigens bereits ein Stipendium beim Deutschen Musikwettbewerb wie auch den Sonderpreis der Ensemble-Akademie Freiburg errungen.

Auf den zweiten Platz mit 1000 Euro Preisgeld schaffte es die österreichische Gruppe Infiammabile - die als einzige mit einer Sängerin aufwartete. Diese Besonderheit in der Besetzung entfaltete ihren ganz eigenen, aparten Reiz. Sopranistin Maria Magdalena Frauscher, Flötistin Elisabeth Tomani, Gitarrist Thomas Adam und Cellist Mathias Roller gestalteten auf charmant-anmutige Weise zwei Canzonette des Wettbewerbs-Patrons Biagio Marini sowie Arien von Giovanni Stefani und Stefano Landi. Dabei führten sie sogar selbst wortgewandt in ihr Programm ein, das sich um die Liebe in all ihren Facetten drehte. Mit klarer, weicher, wandlungsfähiger, natürlich und doch elegant geführter Stimme sang Maria Frauscher hingebungsvoll von Lust und Liebesglück, vom Trennungsschmerz des Abschieds, von hoffnungs- und trostspendendem Vogelgezwitscher. Und ihre drei Instrumentalpartner erwiesen sich bei all dem als absolut ebenbürtig. Geradezu erfrischend wirkte die Lebendigkeit, die Innigkeit, die Intimität der Tongebung, zu der sie in sensibler Interaktion in Dialog mit der Vokalsolistin traten. Zum dramaturgischen Glanzpunkt geriet die lautmalerische Darstellung des ironischen Dilemmas, das entsteht, wenn nicht die ersehnte junge Angebetete, sondern eine bucklige, sabbernde Alte die romantischen Gefühle erwidert. Hier konnte das Quartett das ganze Potenzial seiner Ausstrahlung entfalten. Vermutlich nicht zuletzt aufgrund solcher wirkungsvollen humoristisch-komischen Komponenten eroberte das Ensemble Infiammabile die Herzen des Auditoriums im Sturm und erhielt so auch noch den mit 500 Euro prämierten Publikumspreis.

Neben den beiden Siegerformationen traten außerdem vier weitere Gruppen, nämlich Sartyros (Frankfurt/Basel), Elignia Quartett (Köln), Minatori (Wien) und Trio Les Salonnières (Berlin) an. Sie alle spielten durchweg mit beeindruckendem, differenziertem und sicherem Stilgespür - mit dem sie bewiesen, welch hohes Niveau, was für eine künstlerische Vielfalt in der aktuellen Barockmusikszene vorherrschen.

Ein musikalisch anspruchsvoller, ebenso abwechslungsreicher wie kurzweiliger Abend zwischen Frühbarock und Klassik, den nicht nur Oberbürgermeister Bernhard Gmehling und die Fachjury - bestehend aus der künstlerischen Leiterin Xenia Löffler (die auch die fachkundige Moderation übernahm) samt ihren Dozentenkollegen an der Sommerakademie - sowie Heinz Richter und Renate Koettgen vom Förderverein sichtlich genossen. Wettbewerbs-Namensgeber Biagio Marini, zu seiner Zeit selbst 30 Jahre lang am Neuburger Hof tätig, hätte daran bestimmt seine helle Freude gehabt.

Heike Haberl