Ingolstadt
Eine Stimmungskanone und viel Kammermusik

Vor allem junge Künstler bestimmen das Programm des Konzertvereins Ingolstadt in der nächsten Saison

27.07.2018 | Stand 23.09.2023, 4:14 Uhr
  −Foto: Foto: Konzertverein

Ingolstadt (DK) Simone Kermes gehört zu den größten Stimmungskanonen des Klassikbe-triebs.

Für Veranstalter ist sie eine sichere Bank. Denn bei ihren Konzerten ist immer etwas los. Sie kann so vulkanisch temperamtenvoll Barockarien singen, dass selbst Besucher, die von Klassikmusik nicht besonders begeistert sind, Gänsehaut-Feeling verspüren und gebannt lauschen. Und wenn alle musikalischen Mittel nicht mehr helfen, dann greift die Dresdner Sängerin auch schon mal zu unkonventionellen Maßnahmen. Etwa beim Audi-Weihnachtskonzert vor vier Jahren. Damals konnte in dem akustisch problematischen Kundencenter die Sängerin ihr Publikum nur schwer erreichen. "Ich muss mich nicht immer zum Clown machen", sagte sie damals. Aber manchmal eben doch. So bat sie den damaligen Audi-Chef Rupert Stadler auf die Bühne und nötigte ihn zu einem Tänzchen.

Nun wird das Ingolstädter Publikum erneut Gelegenheit haben, die mitreißende Ausstrahlung der Sängerin zu erleben. Denn Simone Kermes wird in der kommenden Konzertvereins-Saison im Festsaal gastieren (22. Mai). Aber diesmal ist alles ganz anders. Bisher trat die gelernte Facharbeiterin für Schreibtechnik stets mit Barockmusik in der Region auf. Diesmal geht es um "Songs und Chansons", und sie reist mit dem Alliage-Saxofon-Quintett nach Ingolstadt. Auf dem Programm stehen so unter anderem Werke von Leonard Bernstein, Kurt Weill und Edith Piaf. Zweifellos gilt es nun eine ganze andere Facette der berühmten Sängerin zu entdecken.

Sänger sind wie fast immer in den vergangenen Jahren auch in der nächsten Saison wieder ein zentraler Bestandteil des Konzertvereins-Programms. Das ist durchaus ungewöhnlich, viele Veranstalter betrachten Liederabende als Kassengift, das es unbedingt zu vermeiden gilt.

Die sublime Kunstform hat allerdings große Reize für literarisch interessierte Musikfreunde. Zumal dann, wenn so außergewöhnliche Künstler wie etwa der Bass Tareq Nazmi auf der Bühne stehen. Er wird am 21. September die Saison eröffnen, begleitet vom derzeit wohl besten Liedpianisten Gerold Huber. Der deutsch-ägyptische Sänger gastierte im vergangenen Jahr bereits in Ingolstadt, und zwar mit Mozarts "Requiem", das der Pultstar Teodor Currentzis dirigierte (im Rahmen der Audi-Sommerkonzerte). Nazmi trat in den vergangenen Jahren auch regelmäßig in der Bayerischen Staatsoper auf. In Ingolstadt wird Nazmi einige der beliebtesten und besten Schumann-Lieder präsentieren.

Wieder begleitet von Gerold Huber wird am 27. März ein weiterer bedeutender Sänger gastieren. Martin Mitterrutzner singt dann Werke von Franz Liszt und Benjamin Britten. Der Tenor studierte bei Brigitte Fassbaender und gehört seit Jahren zum Ensemble der Oper Frankfurt.

Beide Sänger passen sehr gut ins Schema der Konzertvereins-Künstler: Sie sind noch sehr jung. "Es ist das Rezept unserer Konzertreihen, besonders auf junge Künstler zu setzten", erzählt die Vereinsvorsitzende Eva-Maria Atzerodt. Auf diese Weise konnte der Konzertverein in den vergangen Jahrzehnten immer wieder mal einen echten Coup landen. Künstler, die erst Jahre später wirklich berühmt wurden, traten bereits frühzeitig im Festsaal auf. Dazu zählen etwa die Pianistin Yuja Wang oder der inzwischen verstorbene Dirigent Nikolaus Harnoncourt. Vielleicht gibt es auch in der kommenden Saison wieder solche spektakulären Glücksfälle. So genießt etwa der Pianist Aaron Pilsan trotz seiner Jugend bereits einen ausgezeichneten Ruf in der Fachwelt. Der 24-jährige Österreicher, der derzeit noch in Hannover studiert, wird in Ingolstadt hochvirtuose Werke von Liszt genauso spielen wie tiefsinnige Stücke von Beethoven und Haydn.

Fast schon ein Stammgast beim Konzertverein ist der gebürtige Ingolstädter Roland Glassl. In der kommenden Saison ist er fast so etwas wie der "Artist in Residence". Denn er wird zweimal anreisen, einmal mit dem Danel- Quartett Brüssel (20. Oktober) und später noch mit der Camerata Hamburg (13. Februar). Glassl geht übrigens neue Wege. Vor einiger Zeit bereits hat er das Mandelring-Quartett verlassen, und nun hat er seine Professur in Frankfurt aufgegeben und eine neue in München angenommen.

Weitere große Persönlichkeiten und Ensembles stehen auf dem Programm des Konzertvereins: So kommt die Flötistin Dorothee Oberlinger erneut mit einem Barockprogramm (21. November). Auch das großartige Trio con brio gastiert wieder. Erstmals ist das renommierte Grieg-Trio Oslo in Ingolstadt (14. März) und spielt romantisches Repertoire. Und es ist wieder ein symphonisches Konzert geplant, diesmal mit der Philharmonie Kaschau, die die Symphonie Nr. 5 von Dvorak aufführen wird (14. November). Das Orchester ist übrigens durchaus bekannt. Immerhin 150 CDs haben die Musiker in den vergangenen Jahren eingespielt.

Karten gibt es in den DK-Geschäftsstellen und unter Telefon (0841) 9666800. Weitere Informationen unter: www. konzertverein. de.

Jesko Schulze-Reimpell