Ingolstadt
Eine Maas Bier bis zum Söderbrennen

André Hartmann präsentiert seine urkomische Show "Veganissimo" im Ingolstädter Altstadttheater

10.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:29 Uhr
Eine kuriose Kochshow hat André Hartmann als "Urgroßneffe von Paul Bocuse" zu bieten. −Foto: Foto: Hammerl

Ingolstadt (DK) Was ist ein Sod?

Kennen Sie nicht? Dann wird es Zeit für André Hartmanns Musikkabarett-Show "Veganissimo". Sod ist, so Hartmann, "die Einzahl von Söder". Eigentlich ist es im "Saunastadl von Ingolstadt", wie der Kabarettist und geniale Stimmenimitator das Altstadttheater respektlos nennt, viel zu heiß zum Lachen, doch eisgekühlte Getränke, Fächer der Damen und ein zunehmend lockerer Künstler lassen die Temperaturen schnell vergessen.

Kleine Wortspiele erfreuen in der Solo-Kochshow mit französischem Koch, der aus Politikernamen Sahne-(Sc)häuble oder Dob-Rind(t) kreiert, Zwiebeln anbrät, bis sie Schwesig werden, dazu einen 2013er Leutheusser-Schnarrenberger oder eine Maas Bier bis zum Söderbrennen serviert. Vorher aber hat der "Urgroßneffe von Paul Bocuse" alle Zutaten mit abgelaufenem Verfalldatum entsorgt, allen voran die Eier, Steinmeier und Altmaier. Aiwanger dagegen empfiehlt er nur äußerlich "zum Wangen einreiben". Fort auch mit dreierlei Paprika, denn die "sehen aus wie eine Ampelkoalition - funktioniert nicht". Was ebenso für Jamaica gilt, nachdem die grüne Zucchini namens Özi fehlt, und die schwarze Soß' - naja, die riecht eben nach Jamaica.

Hauptanliegen des Musikkabarettisten aber ist es, die Musikwelt politisch korrekter und veganer werden zu lassen. Und so entsorgt er Händel aus dem Halleluja - nicht mal ein halbes Hendl geht schließlich in der veganen Welt - und den Europagedanken aus Beethovens neunter Sinfonie, denn das hieße ja, alle anderen Kontinente auszugrenzen. Ergo bleiben von seinem virtuosen Piano-Klassikfeuerwerk zu Beginn nur noch ein paar müde Töne, gefühlt nicht mal ein Zehntel dessen übrig, was er vorher auf die Tasten zauberte. Einmal quer geht es dann durch die Welt der Schlager und Wiesn-Hits, von "Komm, hol den Soja-Lassi raus" über "Schatzi, schenk mir ein Tofu", "Er hat ein knallrotes Sojabrot" bis "I will wieder ham, fühl mi do nit vegan". Genial die Stimmenimitationen. Da ist Mireille Mathieu, "auf Deutsch Lothar Matthäus", die er "Hinter den Kulissen von Paris, schmeckt die Läber noch einmal so süß" schmettern lässt Paul McCartneys "Hope of deliverance" wird zu "Haut auf die Leberwurst" und Udo Jürgens Erben müssen unbedingt den blutrünstigen Hit "Griechischer Wein" ("das Blut der Erde") umschreiben. Vegan ist das Zauberwort, und nicht nur beim Essen. "Wir reden auch schon vegan", bedauert Hartmann, singt die umgeschriebene österreichische Nationalhymne, der in "Heimat bist du großer Söhne" musikalisch leicht holprig die Töchter eingefügt wurden und gibt dem Publikum die Hausaufgabe, noch das Dritte Geschlecht einzufügen.

Hartmanns große Stärke ist sein ausgezeichnetes, mit spielerischer Leichtigkeit scheinbar nebenherlaufendes Klavierspiel, das er gerne noch mehr in den Vordergrund rücken dürfte. Und genau das tut er nach der Pause. Auf Zuruf aus dem Publikum erklingt "Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei", mal mit der Stimme von Falco, mal der von Rudi Carrell, Peter Maffay, Udo Lindenberg, Heino und viele mehr. Klassiker, Opernmelodien, Operettenhits, russische und französische Volkslieder, Rehragoutpolka oder Pop-Hits - Hartmann hat alles auswendig drauf, was seinen Zuschauern nur einfällt. Das I-Tüpfelchen aber sind seine Varianten à la Chopin, Mozart, Bach oder Franz Liszt, "drei Jahre nach seinem Tod", im Sirtaki-Takt - einfach genial. Eigentlich wäre das allein schon ein abendfüllendes Programm, so köstlich seine Udo-Imitation oder die der Bundeskanzlerin auch sind. Merkels Attitüde, Körperhaltung, Mimik, die verschwurbelte Sprechweise gelingen ihm bestens. Eine klare Steigerung im zweiten Teil, in dem die Funken zwischen Künstler und Publikum nur so fliegen.

Andrea Hammerl