Ein weißer Flügel hilft beim Träumen

Programm für alle Generationen: In München hat die Pianistin Masako Ohta ein Festival für "Imagine" angestoßen

29.06.2021 | Stand 08.07.2021, 3:33 Uhr
Die Pianistin Masako Ohta und der Schauspieler Olaf Becker nehmen das Jubiläum 50 Jahre "Imagine" zum Anlass, sich musikalisch mit dem Album auseinandersetzen. −Foto: Marion Plachetka

München - Das "Pathos", ein kleines Münchner Off-Theater, in welchem von Donnerstag bis Sonntag das "Imagine"-Festival veranstaltet wird, hat eine besondere Atmosphäre, aber ansonsten wenig Gemeinsamkeiten mit dem Landhaus Tittenhurst Park bei London.

Doch auch hier steht während des Festivals ein besonderer, weißer Flügel. Fragen an die Pianistin Masako Ohta.

Frau Ohta, ein weißer Flügel! Woher haben Sie nur das Instrument?
Masako Ohta: Es ist mein persönlicher, er stammt aus zweiter Hand und hat zuvor einer Sängerin gehört, die ihn umlackieren hat lassen, ist also schon ziemlich alt. Als ich 1985 aus Japan nach Berlin für mein Aufbaustudium kam, waren die Übungszimmer dort so überlaufen, dass er mir per Schiff nachgeschickt wurde, später zog er mit mir weiter nach München.

Welche persönliche Erinnerung verbinden Sie mit "Imagine"?
Ohta: Eigentlich begleitet mich der Song schon seit meiner Jugend, aber vor allem erinnere ich mich, wie ich damals als Studentin von dem Mord an Lennon erfahren hat. Ich hab das im Radio, bei einer Musiksendung gehört und musste raus, ging in Tokio auf die Straße und traf da andere Menschen, die mit mir eine Lichterkette gebildet und "Imagine" gesungen haben. Eine tiefe Erinnerung.

Welches musikalische Spektrum bekommt das Publikum bei den "Imagine"-Konzerten zu hören? Sie spielen ja an zwei Terminen jeweils alle Lieder der beiden Schallplatten-Seiten.
Ohta: Es ist natürlich ein Wagnis, so ein geniales Album als Konzert zu präsentieren, und vor allem mag ich keine Cover-Konzerte, wir suchen daher unseren eigenen Weg. Wir haben eine tolle, besondere Besetzung, der Countertenor Christopher Robson singt. Er hat ja nicht nur eine schöne Stimme, sondern berührt die Seele, und Geoff Goodmann kann so wunderbar groovig spielen. Es ist ein reines Glück.

Das Programm verspricht, man würde sich an den vier Tagen musikalisch, visuell und körperlich mit dem Album Imagine beschäftigen - wie geht das?
Ohta: Mit Yoga und Origami-Falten beispielsweise. Ich arbeite auch beim Klavierunterricht mit Tai Chi, ich möchte, dass man spürt, wie Körper und Seele in Harmonie vereint sind.

Sie stammen wie Yoko Ono aus Japan und leben nicht dort, sondern in Europa - spüren sie da eine Nähe zu ihr?
Ohta: Ich bin jetzt nicht direkt ein Fan von ihr, aber ich finde sie als Künstlerin großartig, sie hat so tolle, surrealistische, auch mal sehr poetische oder kindliche Ideen, das finde ich großartig Als junges Mädchen hatte ich ein Problem mit ihrer Gesangsstimme. Es wirkte auf mich fast peinlich, weil sie manchmal piepsig klang. Heute sehe ich das anders, da steckt ja auch viel Mut darin. Sie wird von der Welt gnadenlos missverstanden, glaube ich, sie war ja, genau wie John, wohl eigentlich ein schüchterner Mensch. Sie mussten vielleicht gemeinsam über ihre Schatten springen. Für mich bedeutet aber auch unsere gemeinsame Herkunft ein großes Glück, weil ich so auch die Interviews, die sie auf Japanisch gibt, verstehe. Man kennt sie ja sonst nur Englisch sprechend. Sie kommt aus sehr gutem Haus und spricht in unserer Muttersprache sehr ruhig, elegant und gebildet, hat ein wunderschönes Vokabular mit einer bemerkenswerten Sprachmelodie. Obwohl sie schon so lang in Amerika lebt, hat sie offenbar ihre japanische Kultur erhalten. Das liebe ich auch an ihr, es berührt mich. So möchte ich auch sein.

DK

Die Fragen stellte Sabine Busch-Frank.