Ingolstadt
Ein Kind der 90er

Comedian Luke Mockridge begeistert mit "Lucky Man" in der ausverkauften Saturn-Arena

30.04.2018 | Stand 23.09.2023, 3:05 Uhr
Auf dem Selbstfindungstrip: Luke Mockridge fragt sich, wie man sich im Dschungel der Möglichkeiten entscheiden soll. −Foto: Foto: Hartmann

Ingolstadt (DK) Comedian Luke Mockridge geht geradewegs auf die unheilvolle 30 zu.

Die Zwanziger sind eine Phase der Selbstfindung. Und ihn beschäftigt immer noch des Rätsels Lösung vom Kinderlied "Wer hat die Kokosnuss geklaut. ". Das sei die Frage seiner Generation, der Kinder aus den 90er-Jahren, der Kinder vom Süderhof. Der Comedian lässt mit "Lucky Man" am Sonntagabend in der ausverkauften Saturn-Arena seine Jugend Revue passieren.

Dass er musikalisch ist, beweist er bereits bei Showbeginn. Rappend stellt Luke Vermutungen an, warum sich so mancher Partner der Freundin zuliebe an dem Abend hierher begeben hat - vermutlich als Geburtstagsgeschenk. Aber was kann der Mann mit dem ungewöhnlichen Namen überhaupt. 2012 stand er mit seinem ersten Solo-Programm auf Deutschlands Bühnen, wurde 2013 beim Deutschen Comedypreis als Bester Newcomer ausgezeichnet, eigene Radio- und Fernsehsendungen bei den Öffentlichen und Privaten folgten. Mit "Lucky Man" ist das Multitalent seit Frühling 2017 auf Tour.

Es ist ein Programm für junge Erwachsene, die sich wie er in einer kritischen Phase befinden, für Schüler, Studenten und Eltern, die ihre Kinder zu Hause gelassen haben. Und doch hat sich ein kleiner Junge in die erste Reihe verirrt. Sind Lukes Witze zu derb, wirft er dem Achtjährigen regelmäßig Schokolade zu. Auch dann, wenn er so manchen Gag gar nicht verstehen konnte, denn Luke ist ein Meister der Andeutungen. Geschickte Gesten, Gesichtsausdrücke und Geräusche, gekonnt eingesetzte Pausen und das mechanische Heben beider Augenbrauen, damit auch wirklich jeder den Sinn seiner zweideutigen Geschichten kapiert - das ist Luke Mockridges Art. So wagt er sich auch an Tabuthemen.

Er holt sein Publikum von Anfang an ab, nicht nur durch seinen charmanten Vergleich der Schanz mit dem Disneyland: "In Ingolstadt ist die Welt noch in Ordnung. " Er ist spontan, hat Spaß am Spiel mit seinen Zuschauern. Zum Dauerlacher des Abends wird Ernsgaden - oder Ernstade, wie er den zu Geisenfeld gehörigen Ort missverständlicher Weise nennt.

Auf dem Weg durch die Vergangenheit lässt Luke am Konkurrenzkampf mit fünf Geschwistern teilhaben. Erzählt vom Teenagerdasein mit Zahnspange und Stimmbruch, wilden Partys und dem ersten Rausch. Nicht wenige fühlen sich dabei an eine Zeit zurückerinnert, die gar nicht so lang her zu sein scheint.

Gefühlvoll zeigt sich Luke Mockridge in der zweiten Hälfte der Show, die zunehmend von Musik bestimmt wird. Passend zu Fools Gardens "Lemon Tree" - natürlich ein Hit aus den 90ern - färbt sich das aufwendige Bühnenbild in ein sattes Gelb, während er talentiert auf dem Flügel spielt und zum Mitsingen einlädt. Rockstar wollte er werden, das ist nicht schwer zu erraten. Doch mit dem Bandnamen "Sprengstoff" kamen er und seine Freunde nicht weit. Allem Spaß zum Trotz fragt er sich, wie gläubig seine Generation heute überhaupt noch ist. Die Saturn-Arena wird akustisch zum Gotteshaus. Die Religion seiner Generation heißt Netflix oder Amazon Prime und auch seine Begeisterung für Serien ist groß. Eingehend prüft er das Wissen seines Publikums und nennt natürlich die Titel, bei denen sich vor allem seine weiblichen Fans zu zustimmendem Kreischen hinreißen lassen.

Vor dem großen Finale hält der Comedian noch ein Plädoyer für den gerade stattfindenden Seifenblasen-Moment, entgegen der Krankheit im Zeitalter des Internets, alles ständig dokumentieren zu müssen. Und dann werden doch noch die Handys gezückt: Was früher einmal das Feuerzeug war, ist heute die Taschenlampenfunktion der Smartphones, die das romantischen Mitschunkeln zum Song "Use somebody" ermöglicht. Diesmal ist Luke nicht allein, sein größter Kindheitswunsch hat sich erfüllt: Mit ihm auf der Bühne spielt seine Band Sprengstoff. Das Publikum wird nach 20 Minuten Rockkonzert und 90er-Hits mit Staunen über die Vielseitigkeit des Luke Mockridge in den Sonntagabend entlassen.

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Katharina Wirtz