Eichstätt
"Hier geht es um die letzten Fragen"

Der Eichstätter Autor Florian Schmidt hat dem Neuburger Volkstheater einen neuen "Jedermann" geschrieben

01.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:33 Uhr

Florian Schmidt hat die Geschichte des "Jedermann" neu geschrieben. - Foto: Chloupek

Eichstätt/Neuburg (DK) Der Eichstätter Theaterautor Florian Schmidt (50) geht mit dem weltbekannten "Jedermann" des Hugo von Hofmannsthal, wie er bei den Salzburger Festspielen stets auf die Bühne gebracht wird, durchaus hart ins Gericht: "Wie schade, einen so eindimensionalen, unsympathischen Kerl als Stellvertreter aller Menschen zu gestalten." Das wollte Schmidt anders machen, und das Neuburger Volkstheater hat dem Eichstätter nun diese einmalige Gelegenheit geschaffen.

Die Neuburger spielen im zweijährigen Turnus stets ein großes Freilluft-Stück. Schon 2006 präsentierten sie den "Jedermann". 2018 soll es nun wieder ein "Jedermann" sein, aber ein ganz anderer, ein neuer "Jedermann". Einer aus der Feder des Eichstätter Theaterautors Florian Schmidt. Damit verfestigt sich eine großen Erfolg versprechende Zusammenarbeit: Das Neuburger Volkstheater hatte erst im Mai den Freistaat Bayern beim "Wurzelwerk"-Theaterfestival des Bunds Deutscher Amateurtheater in Schleswig vertreten. Die Norddeutschen hatten sich als typisch bayerisches Stück "Die drei Eisbären" gewünscht, ein Klassiker des bayerischen Komödienstadels, dazu hatten die Neuburger Florian Schmidt als Regisseur angeworben, und sie präsentierten in Schleswig entstaubte und schwungvoll neu inszenierte "Eisbären", die das Publikum in Schleswig restlos begeistert hatten. Nach dieser gelungenen Zusammenarbeit war für den Neuburger Oberspielleiter Oliver Vief klar: "Der Schmidt muss uns unbedingt ein eigenes Theaterstück schreiben." Mitte Juli kam also der Schreibauftrag für einen neuen "Jedermann", Schmidt hatte nahezu alle Freiheiten, nur auf Bairisch sollte er sein. Schmidts Ehrgeiz war geweckt, mit ihm war eine bloße Dialekteinfärbung der Hofmannsthal'schen Verse ins Bairische nicht zu machen: "Das hätte mich nicht gereizt. Außerdem gibt's das schon, und das finde ich nicht sehr originell." Stattdessen hat er seine Variante des Mysterienspiels um das Leben und Sterben des "Jedermann" innerhalb von fünf Wochen nicht nur komplett neu auf Bairisch gedichtet und das Stück selbst umgeschrieben. "Die Idee als solche, einen Menschen als Stellvertreter der Menschheit zu zeigen, finde ich faszinierend. Hier geht es um die letzten Fragen: Warum bin ich hier, was ist der Sinn, wie führe ich ein erfülltes Leben"

Der Autor verspricht dem Publikum ein Wechselbad an Einsichten und Gefühlen, denn sein "Jedermann" ist komplexer, vielschichtiger - "ein echter, gesamter Mensch halt". Und er ist auch nur deshalb reich, weil es mit einem armen Menschen einfach schwerer darstellbar wäre, den sieben Todsünden zu verfallen - wer hungert, frönt wohl kaum der Völlerei. Schmidt geht sogar noch weiter und führt als achte Todsünde die Dummheit ein - und macht damit das Stück gerade dramatisch aktuell.

Schmidt konnte sich außerdem noch nie mit dem Ende der Hofmannsthal'schen Variante abfinden - und findet sich da auch in guter Gesellschaft mit so manchen Besuchern der Salzburger Festspiele: "Es ist einfach zu einfach billig, am Ende des Lebens kurz zur Beichte zu gehen, und, zack, geht es in den Himmel. Nein, das ist kein guter Schluss." In Schmidts "Jedermann" macht sich dessen Seele schließlich auf den Weg, um vor Gottes Angesicht gewogen zu werden - wohin die Reise dann letztlich geht, bleibt offen. Doch das ist kein Grund zum Verdruss, denn der Autor stellt dem Glauben aus Hofmannsthals Variante noch zwei weitere Tugenden zur Seite: die Liebe und schließlich auch die Hoffnung. Im November sollen die Proben starten für den neuen Neuburger "Jedermann" - geschrieben im benachbarten Altmühltal.