Neuburg
Drei Kleinmeister und ein Genie

Ein Kammermusikabend im Ottheinrichsaal eröffnete die Neuburger Barockkonzerte

12.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:38 Uhr
Pianistin Christine Schornsheim musizierte zusammen mit den Bläsern Susanne Regel, Oboe und Leitung, Rainer Johannsen, Fagott, Philippe Castejon, Klarinette, und Andrew Hale, Horn. −Foto: Rein

Neuburg (DK) Wahrscheinlich ist nichts so schwer zu spielen wie mittelmäßige Kompositionen. An virtuosen Werken, mit großen technischen Herausforderungen können gute Musiker sich abarbeiten, sie können dabei im besten Falle zeigen, was sie draufhaben. Tiefsinnige Werke wirken auch dann, wenn sie nur passabel zu Gehör gebracht werden. Aber sehr mittelmäßige Musik? Die ist schwer zum Glänzen zu bringen, weil sie zu wenig Substanz besitzt.

Beim Eröffnungskonzert der Neuburger Barockkonzerte hatten es die fünf Musiker auch mit Stücken eher bescheidener Qualität zu tun. Vielleicht ging es ja um die Ehrenrettung der klassizistischen Tonsetzer Leopold Ko?eluh (1747-1818) aus Böhmen und Johann Georg Lickl (1769-1843) aus Niederösterreich. Schließlich hatte der Abend im Ottheinrichsaal den Titel "Musikalische Reverenzen". Aber allen Bemühungen sind Grenzen gesetzt.

Obwohl die Interpreten hervorragend waren. Die bekannte Pianistin Christine Schornsheim musizierte zusammen mit den Bläsern Susanne Regel, Oboe und Leitung, Rainer Johannsen, Fagott, Philippe Castejon, Klarinette, und Andrew Hale, Horn. Gespielt wurde auf Instrumenten der Entstehungszeit der Kompositionen.

Leopold Ko?eluhs Klaviersonate in D-Dur op. 1 Nr. 3 ist zugute zu halten, dass sie ganz und gar auf der Höhe der Zeit komponiert ist. Da ist kaum mehr etwas von der Barockzeit zu spüren, der Böhme hat bereits die Sonatenhauptsatzform, wie sie Joseph Haydn erstmals erprobte, adaptiert. Aber: Allzu viele gebrochene Dreiklang-Akkorde, allzu wenig Inspiration, viel zu viele Verzierungen im langsamen Satz, und viel zu wenig wirklich schönes thematisches Material machten die lange Sonate ermüdend. Da vermochte sogar die fantastische Pianistin Schornsheim wenig auszurichten, zumal auch ihr Hammerflügel nur wenig dynamische Differenzierung erlaubt.

Kaum anders steht es um Lickls Trio Es-Dur für Klarinette, Horn und Fagott. Die drei Sätze haben immerhin den Vorteil, dass sie flott, fröhlich und unterhaltsam daherkommen. Und die drei Musiker gaben sie beschwingt und fast schon tänzelnd wieder. Aber: Es fehlte an Tiefgang, an harmonischer Fantasie, um sie von der klassizistischen Massenware der Zeit herauszuheben.

Anders sah es mit dem Eröffnungs- und dem Finalwerk des Abends aus, die beide aufeinander bezogen sind. Denn Franz Danzi (1763-1826) hat nicht nur die Besetzung - Klavier und vier Bläser - von Wolfgang Amadeus Mozarts Quintett KV 452 übernommen, sondern auch den musikalischen Impetus. So ist das Danzi-Werk eine Überraschung: schwermütige Themen in d-Moll am Anfang, ein Wechsel in D-Dur im zweiten Satz und wieder eine Rückführung in die Düsternis des Anfangs. Ein Stück voller Einfälle und Seitenthemen, auch darin dem Salzburger Genie ähnlich. Und die fünf Musiker spielten das voller Hingabe, sehr flexibel und schwingend, keineswegs so hart und ruppig, wie die meisten Originalklang-Ensembles heute agieren.

In gleicher Weise gingen sie das Mozart-Quintett an, dem Höhepunkt des Abends. Auch hier steht das Klavier im Mittelpunkt, viele Passagen erinnern an die großen Klavierkonzerte des Wiener Klassikers, in denen Solist und Orchester sich einander die Bälle zuspielen. Ein echtes Vergnügen, eine hinreißende Komposition wirklich hinreißend gespielt.

Jesko Schulze-Reimpell