Die Musikbotschafterin

Neue CD: Raphaela Gromes spielt Cellokonzerte von Schumann und Klengel

20.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:34 Uhr
Musikentdeckerin mit Leidenschaft: die Cellistin Raphaela Gromes. −Foto: Schulze-Reimpell

Wahrscheinlich wird dieses Werk den meisten Musikern immer ein Rätsel bleiben: das Cellokonzert von Robert Schumann.

Der erste Satz mit seinen ständigen Vorhalten und Wiederholungen klingt wie die reinste Leidensmusik, ein schwelgerisches Bad der Emotionen. Aber Schumann hat es offenbar anders gemeint, er nennt sein Konzert "durchaus heiter". Das jedoch trifft allenfalls auf das Finale des Konzertstücks zu. Für den ersten Satz immerhin hat Schumann eine Metronom-Angabe von 130 gemacht, die eigentlich kein Cellist einhält. Sie spielen alle elegischer, lauter und vor allem langsamer als es Schumann wohl vorschwebte.

Es gibt unzählige Aufnahmen des Konzertes, es ist also nicht leicht ein eigenes Konzept zu entwickeln bei diesem eher introvertierten, nicht allzu virtuosen (dafür aber ziemlich schweren) Werk. Die junge Münchner Cellistin Raphaela Gromes hat das Konzert nun zusammen mit dem Rundfunkorchester Berlin unter der Leitung von Nicholas Carter für Sony Classical auf CD eingespielt. Und zumindest was den Kopfsatz betrifft hat sie eher ein flüssiges Tempo gewählt, was den Intentionen des Komponisten entgegenkommt. Aber sonst?

Nun, auch Raphaela Gromes kann sich nicht wirklich entschließen, das Konzert eher kühl und humorvoll anzugehen. Auch sie spielt mit den Momenten der Verinnerlichung, einer leicht tragödienhaften Haltung. Was ihre Aufnahme unverwechselbar macht, ist ihr flexibler unglaubliche farbiger und nuancenreicher Ton. Bereits in der ersten weitgespannten Kantilene entfaltet sie ein verblüffendes Spektrum des Ausdrucks. Hinreißend ist zudem ihr Furor, ihre Wendigkeit und Schnelligkeit des Ausdrucks im Schlusssatz.

Eine wahre Entdeckung ist das zweite große Werk auf der CD, das Cellokonzert von Julius Klengel (1859-1933) - gerade weil es zu einer ähnlichen Zeit entstand wie das Schumann-Konzert und dabei doch einen gänzlich anderen Charakter besitzt. Wo Schumann auf fast kammermusikalische Verinnerlichung setzt und auf dramatische Wirkungen verzichtet, geht Klengel einen gänzlich anderen Weg. Sein 3. Cellokonzert wirkt gewaltig wie eine Symphonie, virtuos, furios, mit prallen Orchestereinsätzen und rhapsodischen Partien, aber auch mit einigen eher konventionellen Floskeln behaftet. Julius Klingel war einer der besten Cellisten in der Zeit der Wende zum 20. Jahrhundert, er galt als Paganini des Cellos Als Komponist ist er hingegen allenfalls noch bei professionellen Cellisten bekannt. So ist Raphaela Gromes die Wiederentdeckung einer wertvollen Rarität gelungen. Für das kaum bekannte Cellokonzert tritt sie mit der Verve und mit der Begeisterung einer Musikbotschafterin ein.

DK


Jesko Schulze-Reimpell