Augsburg
Der "Messias" in Augsburg

Bob Dylan auf seiner "Never Ending Tour" in der Schwabenhalle

22.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:44 Uhr
Bob Dylan ist äußerst fotoscheu. Auch bei seinen Konzerten. Deswegen hier ein Archivbild von 2012. −Foto: Zhe/Xinhua/dpa

Augsburg (DK) "Er ist schon sehr mundfaul", meint ein Bob Dylan-Fan im Zug am Karsamstag von München nach Augsburg, wo sein Idol am Abend auf der Bühne stehen wird.

Und er sollte auch für diesen Auftritt des geradezu messianisch verehrten Musikers recht behalten. Währen des zweistündigen Auftritts spricht der Literaturnobelpreis- und mehrfache Grammypreisträger kein einziges Wort. Im Gegensatz zu einem Konzert in Wien vor ein paar Tagen. Hier unterbrach der Folk-Erneuerer seinen Auftritt sogar und rief die Fans auf, das Filmen und Fotografieren mit den Mobiltelefonen zu unterlassen.

Auch in der komplett ausverkauften Schwabenhalle herrscht striktes Handyverbot und zahlreiche Sicherheitskräfte überwachen die Einhaltung. Es hat dann aber auch wirklich eine besondere Wirkung, wenn es im Auditorium komplett dunkel und meist ehrfurchtsvoll still bleibt, und man sich voll auf das Geschehen auf der Bühne einlassen kann und muss.

Ein paar stehende und hängende Lampen tauchen Szenerie und Band vor einem schwarzen Vorhang in ein goldenes, nostalgisch anmutendes Licht. In Verbindung mit der sehr bewegungsarmen aber intensiven Performance von Dylan und seinen brillanten Musikern führt das zu kompletter Entschleunigung und Zeitlosigkeit. Die Setlist des bald 78-Jährigen ist zwar seit einiger Zeit nahezu die gleiche. Die eigenen Interpretationen von Songs wie "Things Have Changed" zum Auftakt und dem anschließenden "It Ain't Me Babe" aus dem Jahr 1964 sind aber immer wieder anders. "Highway 61 Revisited" hat heute beispielsweise einen swingenden Touch.

Oft geht Dylan von seinem Keyboard nach hinten und scheint sich mit seinen Kollegen über die weitere Vorgehensweise zu besprechen. In den Pausen wird manches kurz angespielt, was wiederholt die Anmutung einer kleinen Orchesterprobe hat.

Dylan singt, wenn man es so nennen mag, greift mitunter fast inbrünstig in die Tasten und häufig zur Harmonika. Zur Gitarre, wie seinerzeit auf dem 63er-Newport-Jazzfestival, als er dem Folk-Genre neue elektrische Impulse verpasste, greift er schon lange nicht mehr. Dafür hat er ja Musiker wie Charlie Sexton, der wunderbar warme Töne und Klangfarben erzeugt.

Die Stimme des Meisters mag brüchig geworden sein, brillant und markant ist sie aber irgendwie immer noch. Und seine Phrasierungen mit Aufs und Abs sind sehr speziell. Leider sind die hochgelobten und hochdekorierten Texte so oft nur schwer verständlich.

Wenn das Publikum aber die prägnante Eröffnungszeile "Once upon a time you dressed so fine" des 1965er-Meilensteins "Like A Rolling Stone" erkennt, brandet Szenenapplaus auf. Ansonsten sind die Anwesenden eher zurückhaltend, drängen aber gegen Ende doch vorsichtig von den Sitzen näher an die Bühne vor. Stets unter den strengen Blicken der Ordner. Zu "Blowin' In The Wind" gibt es Standing Ovations. Und nach den Zugaben tritt Dylan nach vorne und drückt mit einem kaum erkennbaren leichten Nicken Wohlwollen aus. Was wohl bedeuten soll, dass der Meister mit den Augsburgern und den von überall angereisten Jüngern zufrieden ist. Die sind es mit ihm allemal. Er ist ja schließlich Bob Dylan.

Martin Buchenberger