München
Der Groove macht die Musik

Earth, Wind & Fire bringen die Tollwood-Musik-Arena zum Tanzen

11.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:42 Uhr

München (DK) Ohne das Wort "Groove" kann man diesen großartigen Abend einfach nicht beschreiben. Und das nicht nur, weil einer der größten Hits von Earth, Wind & Fire, der natürlich zum Finale gespielt wird, "Let's Groove" heißt. Während der 90 Minuten, der bereits 1969 in Chicago gegründeten Funk- und Soulsensation, ist der Groove auf und vor der Bühne allgegenwärtig und bis in den letzten Winkel der Arena spürbar.

Das Potsdamer Oktett Footprint Project groovt zum Auftakt zwar auch schon recht ordentlich, aber der jazzige Funk geht etwas schwer ins Ohr und dementsprechend nicht so leicht in die Beine. Ganz im Gegensatz zum eher mainstreamigen und melodischen Funk von Earth, Wind & Fire. Kaum hat die Band um die Originalmitglieder Verdine White, Ralph Johnson und Philip Bailey die ersten Töne gespielt, reagiert das ausverkaufte Zelt geradezu frenetisch und setzt sich in Bewegung.

Der kraftvolle Sound der zwölf Mann starken Funk-Fusion-Formation bringt alle zum Tanzen und die Bodenplatten zum Vibrieren. Selbst offensichtliche Rocker mit AC/DC-Shirts und Heavy-Musiker, wie der ehemalige Bonfire-Bassist Uwe Köhler, können nicht stillstehen. Die drei Originale an den Mikros und diversen Instrumenten, sowie die Rhythmus- und Bläsersektion agieren aber auch extrem druckvoll und stimmig. Klassiker wie "Getaway", "Jupiter", "Serpentine Fire" und das in den Bandsound adaptierte Beatles-Cover "Got To Get You Into My Life" sitzen perfekt. Fast alle der zwölf Musiker sind dabei auch sehr gute Sänger, was den Harmonien zusammen mit den coolen Moves noch mehr Wirkung verleiht. Fünf Jahre war die Powertruppe nicht mehr in Deutschland, aber das Warten hat sich gelohnt. Besonders der 67-jährige Philip Bailey und sein immer noch beeindruckender typischer Falsettgesang sind eine Ohrenweide.

Die Kollegen und Mitmusiker, darunter auch sein Sohn als Backgroundsänger sind zwar für den Gesamtgroove unerlässlich, aber Bailey steht überwiegend im Mittelpunkt. Meist am Mikro, gelegentlich an Percussioninstrumenten und einmal auch mit der Kalimba, dem traditionellen afrikanischen Daumenklavier. Gerade mit solchen Einlagen und dem globalen afrikanisch-amerikanischen Groove passt die Band wirklich perfekt auf das Tollwood-Festival. Und Earth, Wind & Fire liefern immer noch, auch ohne Effekte wie Pyramiden und Laser wie in den 80er-Jahren, eine großartige Show ab. Auch gelegentlich etwas ruhigere Nummern werden begeistert beklatscht, aber es sind die animierenden Titel wie "Devotion" und "Fantasy", die das Publikum im wahrsten Sinne des Wortes bewegen. Als dann auf der Zielgerade noch ins "Boogie Wonderland" entführt wird, gibt es kein Halten mehr. Anschließend "Let's Groove" mit einem stark am Bass aufspielenden - und ziemlich groovenden - Verdine White, Bruder von Bandgründer Maurice White, im roten Glitzeroutfit, und alle sind glücklich. Überglücklich sogar, als noch das poppige und eingängige "September" und die Zugabe "In The Stone" nachgelegt werden. Man kann es nicht anders sagen, es hat wirklich gegroovt an diesem Abend und die während des Konzerts gestellte Frage "do you feel alive" kann nur mit einem lauten "Ja" beantwortet werden.

Martin Buchenberger