München
Rock und Widerstand

Roger Waters beeindruckt mit einer gigantischen Show in der Münchner Olympiahalle

14.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:47 Uhr
Der frühere Pink-Floyd-Musiker Roger Waters trat am Mittwochabend in der Münchner Olympiahalle auf. Die Antisemitismus-Vorwürfe gegen ihn wies er beim Konzert zurück. −Foto: Foto: Guay/AFP

München (DK) "Widerstand" bzw. das Verb dazu ist eines der Schlüsselwörter des Abends. Immer wieder kommt der Aufruf "resist" zum Einsatz. Ob auf den gigantischen Leinwänden, den T-Shirts der Kinder nach der Performance von "Another Brick In The Wall" oder den Konfettischnipseln zum Finale des sensationellen Auftritts des ehemaligen Pink-Floyd-Masterminds Roger Waters.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter hatte seine Form von Widerstand gegen das Konzert am Tag zuvor geäußert und hätte es aufgrund israelkritischer Äußerungen der 74-jährigen Rocklegende gerne verbieten lassen. Waters lässt das nicht unkommentiert, verweist am Ende des Konzerts auf die Gefahr von kulturellen Verboten durch die Politik und weist jegliche Antisemitismus-Vorwürfe von sich.

Zuvor bieten Waters und seine herausragenden Musiker ein bildgewaltiges und symbolträchtiges Happening der klanglichen und showtechnischen Extraklasse. Mit einer riesigen Leinwand im Rücken, auf der zuerst ein idyllisches Strandszenario und später oft gewalttätige und verstörende Bilder mal real und mal animiert ablaufen, legen Waters & Co. mit sechs Pink- Floyd-Titeln los. Mit ihrer wunderbaren Sphärik und Tiefe ziehen sie die gut 11000 Besucher von Beginn an in ihren Bann.

Der Sound ist ebenso perfekt und aussagekräftig wie es die Songs selbst sind. In der Halle verteilte Lautsprecher, aus denen songdienlich Worteinspielungen kommen, sorgen für ein brillantes Rundumerlebnis. Besonders begeistert werden die Klassiker vom 1979er-Meisterwerk "The Wall" mit dem prägnanten Kinderchor aufgenommen. Zu diesem marschieren Jugendliche in Sträflingsoveralls und mit schwarzen Kapuzen auf, die sie am Ende des Songs abwerfen. Danach schickt Waters die Zuschauer in eine kurze Pause und gibt ihnen "die Möglichkeit, über das Widerstehen nachzudenken".

Die zweite Hälfte übertrifft dann alles. Die acht über der Arena herabgelassenen Leinwände, auf denen rauchende Schornsteine sitzen, sind überwältigend. Surreale aber auch reale Bilder, darunter die der Musiker, drängen sich förmlich auf. Auch das riesige aufgeblasene Schwein mit der Aufschrift "stay human", das per Fernsteuerung seine Runden dreht, evoziert Staunen und Jubel gleichermaßen. Zum passenden Song "Pigs (Three Different Ones)" thematisiert Waters auf den Leinwänden mit Donald Trump eines seiner Lieblingshass- und Widerstandsobjekte. Der US-Präsident kommt in überzeichneten Darstellungsformen alles anders als gut weg, ebenso wie Politiker im Allgemeinen während des nächsten Hits "Money". Aber es geht noch größer, sowohl akustisch als auch optisch. Zu "Brain Damage" und "Eclipse" vom Album "The Dark Side Of The Moon", das Pink Floyd 1973 zu Superstars machte, erscheint über den Köpfen der Zuschauer mittels Laserstrahlen die Lichtpyramide, die seinerzeit das Plattencover zierte.

Vor der einzigen Zugabe dann Waters Erwiderung auf die Aussagen des Münchner "Lord Mayors", wie er Reiter nennt. Im Gegensatz zu früheren Shows, wo sich der Sänger und Bassist schon mal wütend um Kopf und Kragen redete, erklärt er heute besonnen und sachlich seine Sicht der Dinge. Dann eine wunderbare Version von "Comfortably Numb", versöhnende und hoffnungsvolle Bilder von sich reichenden Händen auf der Leinwand und die Rückkehr zum Strand. Ein Pop- aber auch Politspektakel, wie man es nur selten erlebt, ist damit zu Ende.

Martin Buchenberger