Ingolstadt/Hohenems
Eine Arche Noah für Kunst und Natur

Der frühere Textilfabrikant Hans Bäumler aus Ingolstadt eröffnet in Österreich ein einzigartiges Museum

30.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:50 Uhr
Ein Werk des Impressionismus: Das Bildnis der Marthe le Coeur von Auguste Renoir ist Teil von Hans Bäumlers Kunstsammlung und im Museum zu sehen. −Foto: Arche Noah/ Sammlung Kunst und Natur

Ingolstadt/Hohenems (DK) Für einen bekannten Ingolstädter erfüllt sich ein Lebenstraum: Hans Bäumler, 79 Jahre alt, öffnet an diesem Donnerstag im österreichischen Hohenems die Tore seiner Arche Noah. Ein in seiner Art einzigartiges Museum in den Hallen der ehemaligen, familieneigenen Textilfabrik in Vorarlberg. Dort präsentieren sich unter einem Dach zwei Sammlungen, die auf den ersten Blick so gar nicht zueinander zu passen scheinen - ein bemerkenswertes Stelldichein von Natur und Kunst. Der frühere, betuchte Textilfabrikant aus Ingolstadt hat im Laufe der Jahrzehnte wahre Schätze zusammengetragen.

Einen Münchner Kunsthändler, der sich einst um die Sammlung und Neuanschaffungen kümmerte, verklagte Hans Bäumler 2017 - er fühlte sich um Millionen betrogen. Für den Ingolstädter eine erschütternde Erfahrung, denn er hatte den Mann wie seinen Stiefsohn betrachtet und ihm blind vertraut.

Ein Blick in die Werkliste zeigt, um welche beträchtlichen Werte es geht: Zu sehen sind in der Arche Noah 107 Meisterwerke aus 130 Jahren Kunstgeschichte. Zunächst begeisterte sich Hans Bäumler für die Malerei der deutschen Spätromantik: Carl Spitzweg mit meist kleinformatigen Bildern, die Anekdoten des Alltags zeigen. Natürlich fehlen auch die drei bayerischen Malerfürsten Franz von Defregger, Franz von Lenbach und Franz von Stuck nicht.

Im Mittelpunkt der einzigartigen Privatsammlung steht jedoch der französische Impressionismus. Den Anfang macht Edouard Manets "Jeune Fille et Enfant". Von den Großen dieser Epoche, Claude Monet und Auguste Renoir, sind jeweils fünf Gemälde zu sehen. Der Reigen schließt sich mit Paul Gaugin.

Prominent vertreten ist auch der deutsche Impressionismus mit zwei seiner Hauptmeister: Max Liebermann und Lovis Corinth. In der Sammlung begegnen sie immer wieder deutschen Expressionisten mit Werken von Franz Marc, August Macke, Max Pechstein, Emil Nolde und Alexej von Jawlensky. Den zeitlichen Abschluss bildet mit "Pichet et Bougeoir" ein Stillleben von Pablo Picasso. Eine Kollektion, die ihresgleichen sucht, wie auch der Wiener Kunsthistoriker und Museumskurator Tobias Natter feststellt: "Hans Bäumler ist zu danken für ein Panorama, das uns ebenso kompakt wie erlesen gegenübertritt, so überraschend wie herausragend."

Der Ingolstädter ist jedoch nicht nur ein großer Kunstfreund, das Museum legt auch Zeugnis ab von seiner Liebe zur Natur. Auf seinen Reisen durch Sibirien, die Mongolei, Kanada und Afrika lernte der Unternehmer die Wildnis in ihrer Ursprünglichkeit kennen und schätzen. In Bäumlers Arche Noah sind einzigartige Tierpräparate sowie zahlreiche seltene Fundstücke aus Wald und Flur an Bord. Der kleinste Vogel und das kleinste Wirbeltier der Welt sind zu sehen, aber auch heimisches Wild wie Hirsch, Steinbock, Luchs oder Wolf. Zudem verfügt die Ausstellung über eine große Zahl von Albino-Tieren - ein seltener Anblick.

Wer das Museum Arche Noah im Bäumler Park in Hohenems besichtigen will, der muss sich zuvor im Internet anmelden. Erwachsene zahlen für beide Sammlungen 40 Euro, Jugendliche haben ab zwölf Jahren Zutritt und zahlen die Hälfte.
 

Hans Bäumler: „In Ingolstadt war einfach kein Interesse da“

Herr Bäumler, als junger Mann stöberten Sie in Antiquitätenläden nach alten Bierkrügen und Bügeleisen. Heute eröffnen Sie ein Museum mit exquisiter Kunstsammlung. Was fühlt Ihr Sammlerherz?

Hans Bäumler: Zunächst sammelt man ja nur für sich selber, für die Wohnung. Ich lebe ja in Ingolstadt, Wallgau, Hohenems und München, bin also in vier Domizilen zuhause und habe dort viele Teile meiner Sammlung untergebracht. Trotzdem sind eines Tages sogar die Depots voll gewesen. Mit dem Museum habe ich nun mit der Unterstützung meines Sohnes erreicht, was ich wollte und freue mich darüber. Man fühlt sich ein bisserl bestätigt in seiner Sammlertätigkeit und kann etwas weitergeben, nachdem man ein Leben lang gearbeitet hat.

Gibt es ein Ausstellungsstück, an dem Sie besonders hängen und warum?

Bäumler: Meine Lieblingsbilder sind von Lovis Corinth, die Gattin des Künstlers, und das junge Mädchen von Pierre-Auguste Renoir. Beide Bilder hingen viele, viele Jahre in meinem Schlafzimmer – die habe ich geopfert (lacht).

Sie hätten das Museum auch gerne in Ingolstadt errichtet. Warum kam es nicht dazu?

Bäumler: Ich war ja früher gut vernetzt in Ingolstadt. Horst Seehofer und ich sind quasi zusammen in der Parkstraße aufgewachsen und waren im Rotary-Club. Mit allen habe ich gesprochen, aber in Ingolstadt bin ich mit meinen Vorstellungen auf unfruchtbaren Boden gestoßen. OB Lehmann habe ich damals sogar einen Brief geschrieben und keine Antwort bekommen. Alt-OB Peter Schnell sagte, mit dem Lechner-Museum gebe es jetzt andere Prioritäten. In Ingolstadt war einfach kein Interesse da. Das hat mich mehr als zwei Jahre frustriert. Die Baupläne waren ja schon ausgereift, und ich hatte sogar schon an der Donau für die Arche Noah einen Platz gefunden. Aber es sollte nicht sein. Also habe ich gesagt: Gut, dann machen wir es in Hohenems.

Ein Picasso und Tierpräparate unter einem Dach – das Nebeneinander von Kunst und Natur im Museum Arche Noah spricht im Grunde sehr unterschiedliche Interessen an. Wie passt das zusammen?

Bäumler: Es sind zwei getrennte Museen, die man auch getrennt betrachten muss. Aber es ist eine Brücke vorhanden: Denn im Naturmuseum sind unter den alpenländischen Präparaten mindestens zehn Gemälde der Münchener Schule – wunderbare Jagd- oder Landschaftsbilder. Man spricht also zwei unterschiedliche Interessengruppen an. Wir wissen aber, dass sich in der Familie Kinder wahrscheinlich mehr für Tiere interessieren und die Eltern mehr für Kunst. Ich denke mir: Da wird eine Familie von zwei Seiten beglückt. Der Vorarlberger Jagdausbilder jedenfalls hat zu mir gesagt: Jetzt muss ich nicht mehr mit meinen Lehrlingen in fünf Museen gehen, denn in Ihrem Museum finde ich alles.

Mehr als 50 Jahre währt Ihre Sammelleidenschaft nun schon. Wie geht es weiter?

Bäumler: Mein Ziel ist erreicht – ich bin angekommen.

Suzanne Schattenhofer