München
Bilder für jedes Budget

Münchner Kunstfest "Artmuc": Interview mit Initiator Raiko Schwalbe

07.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:17 Uhr
  −Foto: privat

München (DK) Dass man für Kunst vor allem ein dickes Portemonnaie braucht, wollte er nie akzeptieren.

Gut so, denn das hat Raiko Schwalbe dazu gebracht, sich neue Formate der Präsentation auszudenken. Und das funktioniert prächtig, seit fünf Jahren gibt es die Artmuc, und die Besucher werden auch ab morgen wieder strömen.

Herr Schwalbe, Sie werben mittlerweile mit Superlativen.
Raiko Schwalbe: Die Artmuc ist inzwischen Bayerns größtes Kunstfestival! Wir hatten im letzten Jahr
13. 000 Besucher.

Sprechen wir von einer Ausstellung oder einer Messe?
Schwalbe: Kunstmessen gibt es wie Sand am Meer, und man verbindet damit auch gleich die großen Formate. Mir ist es wichtig, dass diese klassische Galerie-Schwellenangst gar nicht erst aufkommt. Die Artmuc soll jeden ansprechen, unterhalten, Spaß machen - und zwar ganz unmittelbar durch die Kunst.

Was gibt es zum Fünfjährigen?
Schwalbe: 80 Künstler und 15 Galerien aus ganz Europa sind diesmal vertreten, man bekommt einen Querschnitt durch die zeitgenössische Szene. Dann bespielt der portugiesische Künstler Joao Carvalho mit fünf, sechs Kollegen einen Bereich, das wird spannend. Die Zusammenarbeit mit Akademien oder Hochschulen gehört auch wieder dazu. Diesmal können Studierende der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film einen eigenen Raum gestalten.

Kann man das als Talentförderung verstehen?
Schwalbe: Auch. Wichtig ist doch, dass die Studierenden aus der Airbag-Situation der Akademie herauskommen und lernen, sich in der freien Wildbahn zurecht zu finden. Das beginnt beim Aufbau einer Ausstellung und endet beim Verkauf. Das aktive Vermarkten gehört ja nicht zur normalen Ausbildung, aber von irgendwas müssen auch Künstler leben.

Wie sehen Sie als Berliner den Kunststandort München?
Schwalbe: Ich wohne seit 20 Jahren in München, aber ich habe auch meine Erfahrungen in Berlin gemacht. Und immer noch gilt: Berlin ist sexy, aber halt auch arm.

Sind Sie deshalb nach München gewechselt?
Schwalbe: Ja. In Berlin hatte ich mit meinem Bruder Marco ab 2006 eine Galerie, und wir organisierten dort auch die erste Galerie-Messe "Stroke Art Fair". Aber wenn man für die Ausstellungsbox nicht mehrere Tausend Euro verlangt, sondern nur drei-, vierhundert, bleibt eben kein Geld für Werbung. Bei den unzähligen Angeboten in Berlin fällt man da nicht mehr auf.

München ist überschaubar.
Schwalbe: München hat aber auch eine tolle Mischung. Zum einen gibt es eine ganz ausgeprägte Hochkultur, das Kunstareal setzt da einfach Maßstäbe. Auf der anderen Seite haben wir auch eine sehr gute Subkultur. Allerdings mit dem Problem, dass die Künstler kaum noch finanzierbaren Raum finden, um ihre Arbeit zu zeigen. Deshalb kam die "Stroke" 2009 sofort an. Und wir haben mit der Artmuc gleich noch eine Messe für junge Kunstschaffende eingerichtet.

Suchen Sie die Galerien oder Künstler aus?
Schwalbe: Nein, wir haben eine Jury: drei Kunsthistorikerinnen, ein Vertreter vom Stiftungsrat der Pinakothek und eine Künstlerin. Uns ist wichtig, dass die Ausstellenden professionelle Künstler sind.

Vor zwei Wochen gab es in München drei große Kunstmessen. Hätten Sie keine Lust, als junge, freche Nummer vier anzutreten?
Schwalbe: Das wäre sogar mein Wunsch gewesen! Aber da geht es uns wie den Künstlern: In München ist bezahlbarer Raum sehr schwer zu finden. Wir haben es immer wieder versucht, die Artmuc zur gleichen Zeit zu veranstalten, allerdings war die Praterinsel immer belegt. Wir spielen in einer ganz anderen Liga als die "Highlights". Dafür müssen wir für die Messebox aber auch keine fünfstelligen Beträge verlangen.

Reden wir über die Preise.
Schwalbe: Bei etwa 100 Euro geht's los. Wir hatten auch schon Galerien mit Werken von Günther Uecker oder Gerhard Richter, da sind wir im fünfstelligen Bereich. Das meiste liegt zwischen 500 und 5000 Euro. Und das wollen wir so halten.

Das Interview führte Christa Sigg.

Artmuc, 9. bis 11. November, München, Praterinsel, Vernissage Donnerstag 19 bis 22 Uhr, Freitag und Samstag 12 bis 20, Sonntag bis 18 Uhr; www. artmuc. info.