München
Bella Italia

Wunderschöne Musik: La Cantante Alice mit italienischem Liedgut im Münchner Circus Krone

06.10.2019 | Stand 23.09.2023, 8:51 Uhr
Starke Stimme, starke Lieder: Die italienische Starsängerin Alice im Circus Krone. −Foto: Stefan M. Prager

München (DK) Kommerziell gesehen war der Freitag eine Woche nach dem traditionellen Italienerwochenende auf dem Oktoberfest wahrscheinlich nicht die beste Wahl für das Konzert von Alice.

Der Circus Krone ist mit etwa 600 Besuchern nur mäßig gefüllt. Künstlerisch tut die Abwesenheit jeglicher Feier- und Grölwütiger dem wunderbaren Abend allerdings sehr gut.

Denn solch schöne und leise Töne wirken im kleinen Rahmen viel besser. Nach einem einzigen "Ciao Bella"-Ruf von der locker gefüllten Tribüne betritt die legendäre italienische Sängerin kurz nach acht die schmucklose Bühne. Die musikalische Reise durch Italien, passend zum Tourtitel "Viaggio in Italia", kann beginnen. Begleitet von Carlo Guaitoli an Keyboard und Klavier sowie Antonello D'Urso an akustischen und elektrischen Gitarren taucht die 65-Jährige tief in das italienische Liedgut ein. Mit starker und doch unglaublich sanfter Stimme präsentiert die Diva mit der Ausstrahlung einer Sophia Loren Stücke wie "Un blasfemo" ihres Landsmanns Fabrizio De André oder "Lindbergh" von Ivano Fossati. Selbst wenn man des Italienischen nicht mächtig ist, gehen Titel wie "No insegnate ai bambini" des 2003 verstorbenen Musikers, Cantautore und Schauspielers Giorgio Gaber zu Herzen. Allein Wortklang- und fluss erzeugen große poetische Momente. Vereinzelt macht eine dankbar lächelnde und über das ganze Gesicht strahlende Alice Ansagen auf Deutsch. "Um nicht zu vergessen, und dass sich die Geschichte nicht wiederholt", ist ihre Einleitung für den Song "Auschwitz". 1967 von Folksänger Francesco Guccini geschrieben, ist das Stück brisant und brillant zugleich. Das Publikum hört gespannt und ehrfürchtig zu. Zwischen den Titeln brandet große Begeisterung auf und die "Bravo"-Bekundungen werden mehr. Alice streckt dabei meist die Arme aus, um auf ihre beiden Musikanten zu verweisen. Die verleihen dem Gesang der großen Italienerin durch ihre zurückhaltende Spielweise eine besondere Tiefe. Es ist beeindruckend wie fein und zart man selbst mit einer E-Gitarre akzentuieren kann.

In "Nomadi" von Alices 1986er-Album "Park Hotel" - einer von 27 Longplayern, die sie bis heute veröffentlicht hat - bringt D'Urso sogar leichten, dezenten U2-Indieflair mit ein. Zusätzlich zu Guaitoli greift Alice ab und an selbst in die Tasten des Keyboards. Dazu setzt sie charmant eine Lesebrille auf. Die Melodien fließen nur so dahin und gehen leicht aber nachhaltig ins Ohr, wie etwa der 1984er-Eurosvision-Songcontest-Beitrag "I treni di Tozeur" komponiert von Franco Battiato, der seinerzeit den fünften Rang belegte.

Ganz egal ob eigene Titel oder Fremdkompositionen, Alice bringt alles mit Ausstrahlung und Grandezza an den Mann und die Frau. Sehr schön auch das vertonte Gedicht "'A cchiú bella". Zum Ende greift sie auf ihre Erfolge wie "Veleni" und "Il sole nella pioggia" zurück. Natürlich fehlt der Megahit "Per Elisa", mit dem der Star 1981 das renommierte "Festival di Sanremo" gewann, als krönender Abschluss im Circus Krone nicht. Einzig hier kommt dank großer Begeisterung und Mitgeklatsche ansatzweise so etwas wie Wiesnstimmung auf. Sonst nur Harmonie und kein Halligalli. Ein schöner und ergreifender Abend ist um kurz vor zehn dann viel zu früh schon wieder (italienische) Geschichte.

Martin Buchenberger