Ingolstadt
Bärenstarker Southern Rock

Modern Earl begeistern beim Bluesfest in der Neuen Welt in Ingolstadt

22.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:19 Uhr
Mit Energie und Spielfreude: Christopher "Earl" Hudson trat mit Band im Rahmen des Bluesfests in der Neuen Welt auf. −Foto: Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Southern Rock gab es in 29 Jahren Bluesfest eher selten.

Eigentlich gab es ihn in dieser Form noch nie. Mit "Modern Earl", der Band aus Nashville/Tennessee, steht er auf der Bühne der Neuen Welt, mit allem, was dazugehört. Und in jeder Hinsicht stilecht.

Ein gehöriges Pfund Laustärke, jede Menge Gitarren der Marken Gibson Les Paul und Fender Strat, Lap Steel und Flying V, wuchtiger Bass, donnernde Drums, ab und zu Twin Guitars, dazu zerkratzte Cowboystiefel, hoch gekrempelte Ärmel, eine Szenerie, die nach Weite und Abenteuer riecht. - Eigentlich ist alles da, was man braucht. Wer einst Bands wie Molly Hatchet, 38 Special oder Lynyrd Skynyrd liebte, wird auch Modern Earl lieben.

Natürlich bedienen die vier Herren dort auf der Bühne so ziemlich jedes Klischee, das man mit dieser Art von Musik verbindet. Vor allem zu Beginn tun sie das, mit knalligen Rocksongs wie "Hooray For The Honky Tonks", "Whiskey On The Table" und "Catfish & Titties". Man denkt, es würde nun im weiteren Verlauf des Abends lediglich um Gute-Laune-Rock für die Klientel der Biker und Trucker gehen. Aber weit gefehlt. Plötzlich schlägt die Band ganz neue Seiten auf. Ethan Schaffner packt das Banjo aus, und Hudson greift zur akustischen Gitarre, man intoniert Country- und Bluegrass-Rock, schielt verschmitzt in die Hillbilly-Ecke und bei den Sounds zu "Devil's Playhouse" wird's sogar ein klein wenig unheimlich und fast schon mysteriös.

Die verschiedenen Schattierungen innerhalb des Konzerts, die akustische Walze bei den Krachern, die Zwischentöne bei den luftigeren Nummern - diese beiden Pole und der Wechsel zwischen ihnen macht die Sache interessant. Spätestens nach "We're An American Band", dem alten Hit von Grand Funk Railroad, haben Modern Earl endgültig gewonnen und steuern mit fliegenden Fahnen auf am Ende zwei lautstark umjubelte Zugaben zu.

Irgendwie kannte man das, was die Band da knapp zwei Stunden lang abliefert. Von früher natürlich, denn selbstverständlich sind Modern Earl alles andere als Erneuerer des Southern Rock. Aber eine Band wie diese mit all ihrer Energie, ihrer Spielfreude, dem Anspruch, ein anfangs eher noch zurückhaltendes Auditorium zu fesseln, dem Druck, den sie erzeugt, eine solche Band in einem kleinen Club zu erleben, das hat schon seinen besonderen Reiz. - Ach was, sagen wir es rundheraus: Es macht ganz einfach von der ersten bis zur letzten Sekunde Spaß, sich wieder mal ein akustisches Vollbad zu gönnen mit handgemachtem, ehrlichen, ja, bärenstarkem, Rock'n'Roll aus Dixie-Land. Und wenn er auch noch so zwingend auf den Punkt gespielt wird wie in diesem Fall, dann gleich noch umso mehr.

Karl Leitner