Berlin
Aus Sicht des kleinen Mannes

ARD-Dokutainment-Drama: Zehn Jahre nach der Lehman-Pleite

20.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:09 Uhr
Einer der größten Finanzmarktschocks der Wirtschaftsgeschichte jährt sich zum zehnten Mal: die Lehman-Pleite. Das ARD-Dokutainment-Drama "Lehman. Gier frisst Herz" mit Joachim Król als Sparkassenangestellter Arno Breuer erzählt davon. −Foto: Berg/HR/AVE Publishing

Berlin (DK) Raymond Ley ist ein Meister des Genres Dokudrama, hat für seine Arbeiten schon viele Auszeichnungen erhalten: Den Deutschen Fernsehpreis für "Die Nacht der großen Flut" über die Hamburger Sturmflut 1962, den Grimme-Preis für "Eine mörderische Entscheidung" über den Luftangriff in Kundus, den Fernsehfilmpreis in Baden-Baden für "Meine Tochter Anne Frank".

Und im vergangenen Jahr hat er mit "Tod einer Kadettin" für Gesprächsstoff gesorgt.

Stets setzt Ley auf eine Mischung aus Spielszenen und Interviews, kombiniert geschickt Fiktion und Fakten. So auch in seinem neuen Film "Lehman. Gier frisst Herz" (Buch: Dirk Eisfeld) um die Pleite der Investment-Bank und die daraus resultierende Finanzkrise vor zehn Jahren. Er zeichnet darin den Countdown bis zum großen Crash am 15. September 2008 aus der Perspektive der Spar-kasse und ihrer Kunden nach.

"Es war der Beginn der schlimmsten Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg", sagt Jean-Claude Trichet, der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank, im Film über den Zusammenbruch der Lehman Brothers. Er kommt ebenso zu Wort wie der damalige deutsche Finanzminister Peer Steinbrück sowie Karl Dannenbaum, Ex-Geschäftsführer von Lehman Deutschland. Und auch Kleinanleger, die ihr Geld ganz oder teilweise verloren haben, schildern, was die größte Pleite in der Geschichte der Wall Street für sie persönlich für Folgen hatte.

"Gier frisst Hirn" heißt ein geflügeltes Wort unter Bankern, für die es damals viele sogenannter A- und D-Kunden gab, alt und doof, wie eine Geschädigte berichtet. Raymond Ley hat den Titel "Gier frisst Herz" gewählt und erzählt im fiktionalen Teil die Geschichte von zwei "Verkäufern", die für Alt und Jung, Tradition und Moderne stehen, aber dennoch in dem System letztlich beide funktioniert haben. Da ist Sparkassen-Berater Arno Breuer, prima gespielt von Joachim Król, und die Online-Händlerin Nele Fromm (Mala Ende) - beide bekommen Druck, ihm droht seine Chefin mit Versetzung und die Provinz, sie liefert sich mit jungen Kollegen einen Wettkampf um lukrative Abschlüsse und überschreitet moralische Grenzen. Die Ebene der Geschädigten bildet ein Wirte-Ehepaar, das sein geerbtes Geld dem seriösen Herrn Breuer anvertraut.

Autor und Regisseur Ley gelingt es aber zu wenig, Neues zum Jahrestag der Bankenpleite zu liefern. Wie es ablief, ist bekannt, und die Figuren im fiktionalen Teil sind überwiegend so, wie man sie sich vorstellt - die "kleinen Leute" und die "skrupellosen Banker". Informativ ist das Doku-Drama dennoch, weil es komprimiert aufzeigt, wie das System funktioniert hat und warum an Lehman ein Exempel statuiert wurde.

"Lehman, Gier frisst Herz" läuft am Sonntag um 21.45 Uhr in der ARD.

Volker Bergmeister