München
Ambitioniert und aussagekräftig

Großes Staraufgebot im Circus Krone: ManDokis Soulmates zum ersten Mal in München

08.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:22 Uhr
Sinn für anspruchsvollen Rock: Lesli Mandoki leitet die Soulmates im Circus Krone. −Foto: Prager

München (DK) Lesli Mandoki ist ein Mann mit einer Mission.

Sowohl menschlicher als auch musikalischer Natur. Zusammen mit den Soulmates will er nach eigenen, im Laufe des Abends häufig wiederholten Aussagen die Spaltung in der Gesellschaft überwinden und eine Brücke zwischen den Generationen schlagen. Musikalisch möchte er mit seiner Allstar-Truppe progressiven Rock wieder relevant machen. Ersteres funktioniert - nicht zuletzt wegen der teilweise etwas übertriebenen moralisierenden Art des gebürtigen Ungarn - nur bedingt und ist ja milde ausgedrückt etwas überambitioniert.

Dafür darf man das zweite gesteckte Ziel dank der unglaublichen Dichte an Vokal- und Instrumentalcracks im ausverkauften Circus Krone als durchaus erreicht bezeichnen. Schlagzeuger, Sänger und Mittelpunkt Mandoki hat Koryphäen wie den Jazz-Trompeter Randy Brecker, den fantastischen Fusion-Gitarristen Mike Stern, Saxofonist Bill Evans und Nick van Eede, den früheren Sänger der 80er-Jahre Popband Cutting Crew, um sich versammelt. Mit diesen und weiteren Topleuten wie Startrompeter Till Brönner präsentiert er ganze dreieinhalb Stunden lang seine humanitären und klanglichen Visionen. Spielerisch ist das "unfassbar?, so Mandokis Lieblingswort, zu den Kollegen.

Wenn sich Gitarre und Blasinstrumente im Verlauf von Songs aus dem aktuellen Konzept-Doppelalbum "Living In The Gap + Hungarian Pictures? solistisch duellieren ist das beeindruckend. Saxofon versus Saiten auf technisch höchstem Niveau. Einfach fürs Ohr ist solche Raffinesse natürlich nicht und sorgt mehr für konzentriertes Lauschen denn ausgelassene Stimmung beim Publikum.

Die Thematisierung gegenwärtiger Probleme wie Klimawandel, MeToo und Rechtsradikalismus ist zwar gut gemeint, strapaziert aber zusätzlich das Sitzfleisch der Anwesenden. Darunter Polit- prominenz wie Charlotte Knobloch und der bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern grüßt Mandoki explizit von der Bühne.

Dann wird es auch musikalisch noch ein ganzes Stück ambitionierter. Die Soulmates intonieren die Progressive Rock Suite "Hungarian Pictures" basierend auf der Musik des ungarischen Komponisten Béla Bartók. Das liegt Künstler und Produzent Mandoki offensichtlich am Herzen, blüht er bei der Performance doch zusehends auf. Zu der schon seit Jahrzehnten geplanten Realisierung wurde er nach eigenen Angaben seinerzeit von Queen-Sänger Freddie Mercury bei einer Geburtstagsfeier im heute nicht mehr existenten Münchner Lokal Piroschka motiviert. Das Opus mit seinen vielen Wendungen und folkloristischen Zügen ist alles andere als leichte Kost. Davon gibt es aber zum Finale der Show noch genug in Form großer Hits wie vom ehemaligen Manfred-Mann's-Earth-Vokalisten Chris Thompson mit etwas brüchiger Stimme gesungenen "Davy's On The Road Again" seiner früheren Band. Oder "Rosanna" vom krankheitsbedingt gebrochen wirkenden Ex-Toto-Sänger Bobby Kimball. "Wir wissen, dass wir ihn langsam verlieren", kommentiert Mandoki die Verfassung seines Freundes. Davon bleibt niemand ungerührt.

Nach Standing Ovations zum Finale ist bei aller Begeisterung aber doch auch eine gewisse Erleichterung nach 210 Minuten voller Anspruch und vielen Worten durchaus spürbar.

Martin Buchenberger