Abschiedsgrüße einer deutschen Diva

Der Frankfurter "Tatort" zeigt Hannelore Elsner in einer ihrer letzten Rollen

19.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:41 Uhr
Noch einmal im Einsatz: Elsa Bronski (Hannelore Elsner, links) und Anna Janneke (Margarita Broich). −Foto: HR/Degeto/dpa

Frankfurt - Hommage an eine große deutsche Schauspielerin und Filmdiva: Am 21. April 2019 ist Hannelore Elsner gestorben, zwei Tage vor ihrem ersten Todestag ist sie nun in einer ihrer letzten TV-Rollen zu sehen.

Im neuen Frankfurter "Tatort" spielt sie eine Ermittlerin im Unruhestand, die der Beruf nicht loslässt und die immer wieder ins Polizeipräsidium zurückkehrt, um dort in alten Akten zu stöbern.

"Die Guten und die Bösen" ist der Fall betitelt, der das Publikum mal wieder in zwei Lager spalten dürfte. Viele werden ihn als einen der langweiligsten Krimis der letzten Monate aburteilen. Andere - wohl die Minderheit - ergötzen sich an surrealer Bildsprache und philosophischer Tiefe, mit der Gerechtigkeit und Leid, Schuld und Sühne hinterfragt werden.
Die Kommissare Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) müssen ihrem Job diesmal unter erschwerten Bedingungen nachgehen. Erstens wird das Polizeigebäude saniert und ist eine einzige Großbaustelle ohne vernünftige Büros; zweitens haben sie ein lästiges Coaching-Seminar an der Backe; drittens sind sie übel verkatert von einer durchzechten Nacht. Wie gut, dass es den hilfreichen Kollegen Ansgar Matzerath (Peter Lohmeyer) gibt, der den beiden viel Arbeit abnimmt. Er führt sie zur Leiche des Tages in eine Waldhütte und erklärt ihnen dort, dass sie den Mörder gar nicht suchen müssen, denn das ist er selber. Er hat Rache genommen an dem Mann, der seine Frau vor sieben Jahren brutal vergewaltigte und nie überführt werden konnte, auch nicht von Elsa Bronski (Hannelore Elsner).

Überaus kollegial zeigt sich Matzerath auch fürderhin. Er chauffiert die fahruntauglichen Ermittler zurück ins Kommissariat, auf dass sie ihn gründlich verhören mögen. Er reicht ihnen Kopfschmerztabletten. Und er steht Brix im Herrenklo bei, als der den Inhalt seines angeschlagenen Magens der Schüssel anvertraut. Nur in einem Punkt bleibt er stur. Egal, welche Brücke Janneke und Brix ihm auch bauen, um mildernde Umstände für seine Tat zu konstruieren: Matzerath geht nicht darauf ein. Er will mit voller Härte der Justiz bestraft werden, das gebietet sein ganz persönlicher Sinn für Gerechtigkeit. Die moralischen Werte der Kommissare geraten indes ins Wanken.
Lange Kamerafahrten durch verlassene Flure, ständig tropft es durch die maroden Decken des Polizeigebäudes, am Ende bricht sich ein wahrer Wasserschwall Bahn. Dem Ordnungssystem drohen Chaos und Verfall, will uns Regisseurin Petra K. Wagner wohl symbolträchtig mitteilen. Geneigte Sofa-Philosophen mögen sich denken: Oh ihr bedeutungsschwangeren Metaphern, hinfort mit euch, weichet von mir an diesem Abend, an dem ich doch nur noch einmal Hannelore Elsner beim Spielen zuschauen will! In einer Rolle, die dramaturgisch nicht zwingend nötig war, von ihr aber immerhin sehenswert interpretiert wurde.

DK


"Tatort", an diesem Sonntag um 20.15 Uhr in der ARD.

Roland Holzapfel