Interview mit Sänger Max Gaier
„5/8erl in Ehr’n“ aus Wien gastieren beim Ingolstädter Dialektig-Festival im Kulturzentrum neun

23.11.2024 | Stand 24.11.2024, 9:51 Uhr |

Die Wiener Soulband 5/8erl in Ehr’n gastieren beim Dialektig-Festival in Ingolstadt. Max Gaier (zweiter von rechts) erzählt, was es mit dem Namen auf sich hat. Foto: Knie

Eine Band mit einem eigenwilligen Namen spielt eigenwillige Musik, die sie selbst „Wiener Soul“ nennt. Sänger Max Gaier verrät im Gespräch, was dahinter steckt.

  
Herr Gaier, wenn man „5/8erl“ hört, kann man an den Querschnitt eines Wasserrohres denken, an eine sonderbare Taktart oder an ein gerade noch gut verträgliches Quantum Heurigen. Was wäre richtig?
Max Gaier: Das erste sicher nicht, das zweite auch nicht, weil es von uns zwar Stücke in 11/8 gibt, aber kein einziges im 5/8-Takt. Das dritte durchaus, aber die Bezeichnung für die Band kommt tatsächlich daher, dass damals, vor 19 Jahren, fünf Musiker im Wirtshaus zusammen saßen, eine Band gründen wollten, aber keinen Namen für sie hatten. Wenn ich ehrlich bin, ist der Name eigentlich das Schlechteste an der Band. Wir würden ihn heute sicher nicht mehr wählen. Das mit dem Namen ist alles a bisserl absurd.

Die Redewendung „Ein Achterl in Ehren kann niemand verwehren“ bedeutet ja eigentlich: Genießen ja, saufen nein. Trifft das auch auf ihre Musik zu? Genießen statt mitgrölen?
Gaier: Auf jeden Fall. Es ist wie mit der italienischen Küche. Dauert länger als Fastfood, aber schmeckt besser. Oder wie mit dem Schweinebraten. Der ist erst dann wirklich gut, wenn er lang in der Rein war.

Das Programm, das Sie in Ingolstadt spielen, heißt „18 Jahre Wiener Soul“? Was ist Wiener Soul? Eine Mischung aus dem US-Soul der Sechziger mit der Wiener Seele inklusive Heurigem, ein bisschen Naschmarkt und Zentralfriedhof oben drauf?
Gaier: Das kommt hin, genau. Wir sind geprägt vom amerikanischen Soul und Blues und sind große Fans von Stevie Wonder und Aretha Franklin. Da steckt ja allein schon eine Menge Seele drinnen. So wie in unseren Stücken auch. Aber es geht uns auch um Realitäten, um das, was den Wienern nachgesagt wird, dass sie nämlich einen morbiden Charme hätten. Mit kommt es manchmal so vor, als wollten die Wiener die Traurigkeit, die in der Welt herrscht, durch ihre Grantlerei kompensieren. Wenn ihnen das gelingt, können sie anschließend auch wieder ganz nett sein. „Wiener Soul“ ist ein Label, das man uns irgendwann verpasst hat. Und jetzt verwenden wir es selber.

Lesen Sie auch: Sperren, Polizeipräsenz und Kontrollen: Wie der Augsburger Christkindlesmarkt geschützt wird

Erkennt man diesen Wiener Soul mehr an der Musik oder mehr an den Texten?
Gaier: An beidem zu gleichen Teilen, würde ich sagen, weil bei uns die Sänger und die Instrumentalisten komponieren. Unsere Besonderheit ist halt, dass wir Soul ohne Schlagzeug spielen. Da bricht wieder das typisch Wienerische durch. Mit Kontrabass klingt's einfach gemütlicher als mit Schlagzeug.

Sehen Sie sich eher als Vertreter der leichten Muse oder der eher anspruchsvolleren? Oder anders gefragt: Wem stehen Sie näher? Peter Alexander oder Gerhard Bronner?
Gaier: Wahrscheinlich sind wir ein Konglomerat aus beidem. Ich mag beide. Alexander konnte mit seiner Musik Wo-gen glätten und Bronner konnte herrlich böse sein. Ich denke, es ist Aufgabe der Popmusik, ernste Dinge leichter herüber-zubringen. Aber umgekehrt sollte sie schon auch künstlerisch anspruchsvoll sein.

Einer Ihrer bekanntesten Songs ist der vom Akademikerball. Was war der Auslöser dafür, was wollten Sie damit erreichen und wie waren die Reaktionen?
Gaier: Zu der Zeit, als der Song geschrieben wurde, war der Akademikerball ein ziemlicher Aufreger. Es gab viele Demos dagegen, weil vielen sauer auf-stieß, dass die Nazis dort unbehelligt das Tanzbein schwingen konnten. Der Song ist am Vormittag nach dem Ball entstanden, wurde auf YouTube veröffentlicht und kam sofort sehr gut an. Er wurde in erster Linie mit diesem singulären Anlass in Verbindung gebracht, war aber nicht der einzige böse Song, den wir geschrieben haben.

Ein anderer war „Alaba – How Are You?“. David Alaba kennt man hier bei uns ja auch recht gut, weil er in München Fußball gespielt hat. Warum ein Lied über ihn?
Gaier: Das ist einer unserer konkretesten Songs und auch aus der Tagesstimmung heraus entstanden. Wir Österreicher hatten nach vielen Jahren endlich wieder einen internationalen Star, der sogar bei den Bayern und bei Real spielte. Wir waren einerseits mächtig stolz auf ihn, andererseits aber auch nie gefeit vor der Doppelbödigkeit im Umgang mit Personen mit dunkler Hautfarbe. Das sind die Österreicher bis heute nicht. Dagegen wollten wir ansingen. Nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern indem wir Fragen stellen, im konkreten Fall die nach dem Befinden Alabas. Der eigentliche Grund für den Songs ist der damalige Tiroler Landeshauptmann Günther Platter. Die Nationalmannschaft hatte ein Trainingslager in Tirol. Platter fragt ihn „How Do You Do?“ Seine Antwort in breitestem Wienerisch: „Guad. Owa Sie kennan eh deitsch mit mia redn.“

DK



Die Fragen stellte Karl Leitner.



5/8erl in Ehr'n treten am Mittwoch, 27. November, um 20 Uhr im Kulturzentrum neun im Rahmen des Dialektig-Festivals auf. Infos unter kulturamt-ingolstadt.de.

Artikel kommentieren