Online nach Lissabon

30.10.2009 | Stand 03.12.2020, 4:30 Uhr

Ingolstadt (sic) Die junge Frau war gut unterwegs. Am Beginn der Reise bummelte sie durch die Innenstadt von Tokio, danach erkundete sie ein Dorf in Alaska. Von da machte sie einen Schlenker in den New Yorker Central Park und am Ende schaute sie ein bisschen am Strand von Lissabon vorbei. Dann wurde es Claudia Drotleff fad und sie surfte ganz woanders hin.

"Nachdem mir die originellen Ziele ausgegangen sind, war von meiner Euphorie nicht mehr viel übrig." So schildert die 17-jährige Gymnasiastin aus Ingolstadt ihre erste Exkursion mit Google Street View. Ähnliches berichten viele Vertreter jener Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist. Die Mitglieder der DK-Jugendredaktion, alle zwischen 15 und 19 Jahre alt, finden die virtuellen Stadtrundfahrten ganz nett, aber auf die Dauer eher mäßig originell. "Ich bin jetzt keine, die dort stundenlang durch die Landschaft fährt", erzählt Marlene Kukral (19). "Wenn, dann such’ ich nach einem bestimmten Ort." Zum Beispiel ein Hotel in Barcelona, kurz bevor sie dort eincheckte. "Es war genau so schön wie im Internet."

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Dagegen hat Johanna Schobert (15) noch nichts entdeckt, was sie vom Sitz gerissen hätte. "Street View ist doch total sinnlos und ein immenser Kostenaufwand." Dazu kommt Unbehagen an Googles gigantischer, Fotosammlung. "Man kann doch nicht alles aufnehmen!"
 
Das Problembewusstsein gegenüber dem Internet scheint unter vielen jungen Leuten zuzunehmen. Auch Street View sehen sie mit Skepsis. "Die Vorstellung, ohne es zu wissen gefilmt zu werden finde ich etwas beängstigend, Schnappschüsse können schließlich ziemlich peinlich sein. Wer möchte da schon, dass die ganze Welt das dann sehen kann", argumentiert Claudia. Marlene ergänzt: "Ich finde es schon bedenklich, dass die Leute relativ gut zu erkennen sind, selbst wenn die Gesichter verfälscht werden. Bekannte erkennt man oft an der Körperhaltung. Ich wäre nicht gerne auf einem Foto im Internet, von dem ich nichts weiß."
 
Florian Dexl (19) sieht alles entspannt: "Es hat schon eine gewisse Faszination, sich durch fremde Städte zu klicken." Einen Eingriff in die Privatsphäre erkennt er wegen der verpixelten Gesichter nicht. Und Roy Scheider (19) findet: "Eine tolle Sache! Man kann sich vor einem Städtetrip anschauen, wie’s da aussieht. Das weckt Reiselust."