München
Unruhe in der Union

05.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:56 Uhr

München/Berlin (DK) In den festgefahrenen Streit um die Vorratsdatenspeicherung kommt Bewegung. CDU und CSU haben den Begriff aus ihrem Programm für die Bundestagswahl gestrichen. Zwar bestritten beide Parteien gestern eine Abkehr von dem Vorhaben als solches. Zumindest aus der CSU gibt es aber Signale, die für ein Umdenken sprechen.

Seit Jahren streiten CDU und CSU mit ihrem Koalitionspartner FDP über das Thema. Die Unionsparteien wollen eine EU-Richtlinie umsetzen, die eine massenhafte, verdachtsunabhängige Speicherung sämtlicher privater Telekommunikationsdaten vorsieht. Sie sollen zur Verbrechensbekämpfung dienen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser Schnarrenberger (FDP) sperrt sich dagegen. Sie hält die Vorratsdatenspeicherung für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre der Bürger. Auch Datenschützer und etliche Privatinitiativen – darunter unsere Zeitung – gehen gegen die Speicherpläne vor. Nun gibt es offenbar auch in der Union Absetzbewegungen.

Anstatt von Vorratsdatenspeicherung ist im Wahlprogramm der Union nun von „Mindestspeicherfrist“ die Rede. So hatten es die Generalsekretäre von CDU und CSU kürzlich vereinbart. Zudem gibt es in der CSU, bislang als Hauptverfechterin des Vorhabens, nun hinter vorgehaltener Hand Skepsis. Hintergrund sind die jüngsten Enthüllung über Abhörprogramm amerikanischer und britischer Geheimdienste – und die massive Empörung in der Bevölkerung darüber. CSU-Chef Horst Seehofer hatte sich kürzlich lobend über Leutheusser-Schnarrenberger geäußert. Ihr Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung sei „eine liberale Grundhaltung, die mir Respekt abnötigt“, sagte er auf einem FDP-Festakt. Gleichwohl betonte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gestern, die Position habe sich nicht verändert. Die Union wolle die Daten nach wie vor, wie von der EU gefordert, sechs Monate speichern lassen.

Doch auch auf europäischer Ebene steht die Vorratsdatenspeicherung derzeit auf dem Prüfstand. Die EU-Kommission überarbeitet die Richtlinie gerade. Vor allem aber wird vor dem Europäischen Gerichtshof auf Initiative von Österreich ab dem kommenden Dienstag darüber verhandelt. Erklärt der EuGH die Regelung für rechtswidrig, wäre sie ohnehin nichtig. Seite 2

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