Luxemburg
Richter setzen Google Schranken

Europäischer Gerichtshof: Bürger haben das Recht auf Löschen sensibler Daten

13.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:42 Uhr

Luxemburg (AZ) Europas Bürger dürfen im Internet ein Recht auf Vergessen einfordern. So können sie den Suchmaschinen-Betreiber Google dazu verpflichten, Links zu unangenehmen Dingen aus ihrer Vergangenheit zu löschen. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) gestern in Luxemburg.

Im konkreten Fall ging es um einen Spanier, dessen Haus vor 15 Jahren zwangsversteigert wurde. Die Pfändung wurde damals in Zeitungen und online veröffentlicht. Der Kläger wandte sich dagegen, dass Google die Links zu diesen Informationen noch heute anzeigt. Die Luxemburger Richter entschieden nun, dass Google dazu verpflichtet werden kann, Verweise auf Webseiten aus seiner Ergebnisliste zu streichen. Komme Google dem nicht nach, könne sich der Betroffene an die Datenschutzbehörden wenden.

Zur Begründung schreibt der EuGH, mit der Eingabe eines Namens bei einer Suchmaschine könne ein Nutzer „ein mehr oder weniger detailliertes Profil der gesuchten Personen erstellen“. Dies sei ein Eingriff in die Rechte der Person. Die Ergebnisse seien nichts anderes als eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Das EU-Recht verlange daher einen Ausgleich zwischen den Interessen der Nutzer und denen der betroffenen Person. „Wegen seiner potenziellen Schwere kann ein solcher Eingriff nicht allein mit dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers an der Verarbeitung der Daten gerechtfertigt werden“, heißt es.

Politiker begrüßten die Entscheidung. „Der EuGH hat dem Grundrecht auf Datenschutz erneut einen hohen Stellenwert eingeräumt“, betonte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte gegenüber unserer Zeitung: „Sensible Daten brauchen einen sensiblen Schutz inklusive des Rechts auf Löschung, wenn schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.“ Der FDP-Spitzenkandidat zur Europawahl, Alexander Graf Lambsdorff, verlangte Lösch-Vorschriften auch für soziale Netzwerke wie Facebook.

Experten gehen davon aus, dass Verbraucher Google nun mit einer Flut an Löschanfragen überschwemmen. „Das Urteil hat das Potenzial, die Funktionsfähigkeit von Suchwerkzeugen erheblich einzuschränken und damit auch die Auffindbarkeit von Inhalten im Netz zu beeinträchtigen“, schrieb Thomas Stadler, ein Experte für Internetrecht. Google selbst sprach von einem „sehr enttäuschenden Urteil“. Seite 2 und 4