Kiel
Nächste Runde im Klarnamen-Streit

Soziales Netzwerk Facebook erringt Sieg vor deutschem Gericht – Kieler Datenschützer wollen Beschlüsse anfechten

15.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:29 Uhr
Thilo Weichert −Foto: Hansen/ULD

Kiel (DK) Ein deutsches Gericht hat entschieden, dass für ein US-amerikanisches Unternehmen, das in Deutschland Geschäfte macht, irisches Datenschutzrecht anzuwenden ist. So lässt sich der aktuelle Stand im Streit zwischen Facebook und dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) zusammenfassen.

Hintergrund ist der Streit um die sogenannte Klarnamenpflicht des sozialen Netzwerks.

Facebook verlangt von seinen Nutzern, dass diese ihre echten Namen angeben. Einige wollen aber zum Beispiel in dem sozialen Netzwerk nicht von beruflichen Kontakten gefunden werden, andere haben keine Lust, von Ex-Partnern kontaktiert zu werden. Deswegen haben auch in Schleswig-Holstein viele Facebook-Nutzer Pseudonyme angegeben. Facebook sperrte diese Profile. Das ULD ordnete die sofortige Entsperrung an. Denn Paragraf 13 des deutschen Telemediengesetzes legt fest: „Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien [...] anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist.“

Facebook legte Widerspruch ein. Das Verwaltungsgericht Schleswig folgte der Argumentation des Unternehmens. Es stellte fest: „Für die genannte Anordnung findet das deutsche materielle Datenschutzrecht keine Anwendung.“ Es gelte irisches Recht. Zwar habe Facebook außer in Irland auch eine Niederlassung in Hamburg und damit in Deutschland. Doch „nach glaubhaftem Vortrag“ sei diese Niederlassung nur im Bereich Anzeigenakquise und Marketing tätig.

In Irland befindet sich die europäische Hauptniederlassung von Facebook. Irisches Datenschutzrecht gilt im Vergleich zum deutschen aber als sehr schwach. Es sieht keinen Anspruch auf anonyme Nutzung eines Dienstes im Internet vor. Datenschützer fordern deswegen seit Langem, dass sich deutsche Nutzer darauf verlassen können sollten, dass eine Internetseite mit Inhalten in deutscher Sprache und einer .de-Adresse deutschem Recht entspricht. Bei Facebook ist das nicht der Fall.

Konkret kritisiert Thilo Weichert (Foto), der Leiter des ULD, dass die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Schleswig „in sich widersprüchlich“ seien. Denn die fehlende rechtliche Relevanz der deutschen Facebook-Tochter werde damit erklärt, „dass dort keine Daten verarbeitet würden“. Zugleich werde aber das Unternehmen in Irland für zuständig erklärt, „obwohl dort auch keine Daten verarbeitet werden“. Die gesamte Verkehrsdatenverarbeitung von Facebook mit den entsprechenden Profilbildungen erfolge in den USA. Die Beschlüsse des Gerichts hätten auch zur Folge, dass eine Datenschutz-Regelung, wie sie zurzeit auf europäischer Ebene erarbeitet wird, nicht notwendig wäre, sagt Weichert. „Es käme nur darauf an, die Konzernstruktur so zu gestalten, wie es Facebook tut, also eine Niederlassung in einem EU-Staat mit niedrigem Datenschutzniveau für zuständig zu erklären.“

Das ULD wird die Beschlüsse des Gerichts vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht anfechten und Beschwerde einlegen. Bis darüber entschieden ist, bleiben die geblockten Facebook-Konten deutscher Nutzer aber auf jeden Fall noch gesperrt.