Ingolstadt
Viele Fragezeichen rund um Kameras an der Windschutzscheibe

Aufnahmen mit den Dashcams verstoßen gegen Datenschutzrechte – Trotzdem gehen manche Videos als Beweismittel durch

10.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:05 Uhr

Ingolstadt (DK) Spätestens seit dem Meteoritenniedergang im Februar 2013 über dem Ural wissen viele Autofahrer, was Dashcams sind. Weil diese an Windschutzscheiben befestigten Kameras in Russland weitverbreitet sind, gab es zahllose spektakuläre Aufnahmen von dem Naturereignis.

Inzwischen rüsten nicht nur Technikbegeisterte auch hierzulande auf, obwohl die Benutzung der Geräte rechtlich umstritten ist. Dabei könnten die Aufnahmen im Ernstfall belegen, dass man korrekt gefahren sei, wie ein Leserbriefschreiber kürzlich meinte. „Persönlichkeitsrechte beziehungsweise Datenschutz interessieren doch nicht, wenn man dadurch Straftäter zweifelsfrei überführen kann“, findet er. Doch so einfach geht das offenbar nicht, möglicherweise drohen sogar Bußgelder.

Eine klare Linie gibt zumindest das Bundesdatenschutzgesetz vor. Wer seine Aufzeichnungen ins Internet stellt oder Dritten zugänglich macht, also auch Polizei oder Justiz, hat gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Abgebildeten verstoßen. Denn Videoaufnahmen zur Strafverfolgung sind nur der Polizei erlaubt. Wer dagegen einfach nur die Landschaft im bewegten Bild für rein private Zwecke festhält, muss nicht mit Problemen rechnen, selbst wenn Leute darauf zu sehen sind.

Die Haltung der deutschen Gerichte trägt nicht unbedingt zur Erleuchtung bei. So hatte das Verwaltungsgericht Ansbach vergangenen August mit Hinweis auf den Datenschutz betont, dass die Weitergabe eines Dashcamvideos an die Polizei unzulässig sei. Das Bayerische Landesamt für Datenschutz sieht darin gar eine unzulässige Vorratsdatenspeicherung und kündigte damals an, in solchen Fällen künftig streng prüfen zu wollen, ob ein Bußgeld angebracht ist – und das könne im Einzelfall bis zu 300 000 Euro betragen.

Konträr dazu hatte das Amtsgericht München im Juni 2013 das Video eines Radfahrers als Beweismittel zugelassen. Die Justiz in Nienburg entschied im Januar 2015 in einem anderen Fall ebenso, weil die Kamera nicht dauernd gelaufen, sondern nur kurz zur Beweissicherung eines Verkehrsverstoßes eingeschaltet worden war. In einem Zivilprozess am Landgericht Heilbronn wiederum entschied die Kammer, ein Unfall dürfe nicht mit Dashcam-Bildern rekonstruiert werden.

Dieser Schlingerkurs lässt den Bürger ratlos zurück, dennoch rüstet er auf. Der ADAC hatte 2014 den Gesetzgeber aufgefordert, endlich Rechtssicherheit zu schaffen. „Fest steht, dass jeder diese Kameras kaufen darf“, sagt ADAC-Verkehrsjurist Markus Schäpe. „Ansonsten hängt viel von der Einschätzung des Richters ab, wenn es um Beweisbilder geht.“ Er rät, Dashcams nur „punktuell einzuschalten“, um die Chance zu erhöhen, dass ein Video zugelassen wird.

Alois Batz von der Ingolstädter Verkehrspolizei, die den regionalen Abschnitt der A 9 und A 93 betreut, sieht in den Dashcams bisher noch nicht das große Thema. „Da machen uns die Leute, die mit ihren Handys nach Unfällen Verletzte und Tote aufnehmen und dann ins Netz stellen, weit mehr Ärger.“