Seehofer fordert nach ''Datendesaster'' Grundsatzdiskussion

DK-Interview

09.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:56 Uhr

Ingolstadt (dk) CSU-Chef Horst Seehofer hat die jüngsten Geheimdienstenthüllungen als "Datendesaster" bezeichnet und drängt auf eine Grundsatzdiskussion innerhalb der Unionsparteien. "Wir müssen uns fragen, ob die Dinge alle so geregelt sind, dass wir der Bevölkerung sagen können: Ihr könnt euch auf den Schutz eurer Privatsphäre verlassen. Diese Diskussion wollte und will ich anstoßen", sagte Seehofer dem DONAUKURIER.

Darin sei er sich auch mit Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel einig. "Da sind wir völlig im Konsens." Auch die sogenannte Vorratsdatenspeicherung will Seehofer zur Diskussion stellen. Die Diskussion dürfe zwar nicht dazu führen, dass sich der Staat "wehrlos und blind gegenüber Schwerstverbrechern" mache, sagte Seehofer.

Sicherheitsbehörden müssten unter strengen rechtsstaatlichen Voraussetzungen Datenzugriff haben, um Schwerstverbrechen zu verhindern. "Aber auf der anderen Seite darf es auch nicht zu einem Überwachungsstaat führen, in dem wir glauben, die Dinge im Griff zu haben, sie uns aber in Wirklichkeit aus den Händen gleiten", sagte der CSU-Chef. "Dabei bleibe ich: Wir brauchen ein Neujustieren bei der Abwägung von Freiheit und Sicherheit." Seehofer sagte: "Wir müssen aufpassen, dass nicht durch die schiere Masse an Daten die Wahrscheinlichkeit steigt, dass diese Daten Füße bekommen und missbraucht werden."

Als Anlass nannte er die Enthüllungen zu den Abhöraktionen amerikanischer und britischer Geheimdienste. "Das hier ist ein Datendesaster", sagte Seehofer. "Dass in diesem Umfang ohne irgendwelche rechtlichen Grundlagen Daten abgefischt werden, hätte ich nicht für möglich gehalten. Vor einem halben Jahr hätte ich gesagt: Das schließe ich aus."

Der CSU-Chef formulierte Erwartungen für die anstehenden Gespräche mit den Vereinigten Staaten zu dem Thema. "Da reicht es nicht, zu sagen: Wir dürfen jetzt das transatlantische Verhältnis nicht belasten", sagte Seehofer. Seiner Ansicht nach müssen die Gespräche substantielle Ergebnisse bringen. "Das Mindeste, was erreicht werden muss, auch in den Beziehungen zu Freunden ist, dass die Datenschutzgrundlagen, die für uns Standard sind, auch im internationalen Verkehr gelten", forderte der CSU-Chef. "International muss die Grundregel gelten, dass ausländische Behörden sich an deutsches Recht halten müssen, wenn die Daten hier gespeichert sind." Auch die Europäische Union sieht er dabei in der Pflicht. "Die Europäische Union sollte sich nicht um die Trinkwasserversorgung in Ingolstadt kümmern, sondern um diese großen Fragen."