Google kämpft um Sympathie für "Street View"

02.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:13 Uhr

Hannover (DK) Die drei Jura-Studenten wollen es genau wissen: "Wenn sich jemand über ,Street View’ beschwert: Werden die Daten direkt herausgenommen oder erst, wenn das Einspruchsverfahren durch ist" Die Mitarbeiterin von Google zuckt die Schultern.

"Das weiß die Rechtsabteilung", sagt sie bedauernd – aber die Juristen sind heute nicht da. "Das wird sicher mal ein höchstrichterliches Urteil geben", meint einer der Drittsemester mit Kennermiene. Während die vier reden, bemalen zwei Studentinnen in Bonbon-Farben einen Opel Astra, auf dem in luftiger Höhe eine Kamera montiert ist.

Bunt, freundlich, offen: Nach der harten Kritik an seinem neuen Dienst "Street View" macht Google auf der CeBIT Werbung in eigener Sache. Es ist der erste Google-Stand auf der weltgrößten IT-Messe überhaupt. Statt Online-Präsentationen und Mund-zu-Mund-Propaganda setzt der Internet-Riese dieses Mal auf den direkten Kontakt und gedruckte Broschüren. In der Messehalle dienen drei bunt besprühte "Street-View"-Autos als viel fotografierter Hingucker, an vier Laptops zeigen Mitarbeiter, wie der Kartendienst in anderen Ländern aussieht. Und Journalisten drückt das Unternehmen ein Gutachten in die Hand, das den Dienst als "datenschutzrechtlich unbedenklich" einstuft.

"Street View" ist eine Ergänzung zum Online-Kartendienst "Maps". Während die klassischen Karten und Satellitenbilder nur eine Sicht von oben bieten, zeigt die neue Funktion einen Rundum-Blick des Straßenzuges, inklusive Häusern, Autos und Passanten. Google nennt die Panoramabilder "virtuelle Reise" – Kritiker sehen darin eine grobe Verletzung der Privatsphäre. Am Montag hatte die rheinland-pfälzische Landesregierung ein Rechtsgutachten veröffentlicht, das den Dienst nur unter gewissen Einschränkungen für zulässig hält. Und vom DONAUKURIER beauftragte Gutachter bescheinigten Google gar ein verfassungswidriges Vorgehen.

Die Mitarbeiter des Internet-Giganten in der Messehalle wollen vor allem eine Botschaft unters Messevolk bringen: Google ist weder Voyeur noch Spion. Und so wiederholen sie immer wieder: Gesichter und Autokennzeichen werden automatisch unkenntlich gemacht. Wer Bilder seines Hauses nicht im Netz haben will, kann sich beschweren. Eine junge Googlerin zeigt am Laptop, wie es geht: Ein paar Mausklicks – und schon erhält Google eine Nachricht. Nach Angaben von Google-Sprecher Kay Oberbeck haben bisher mehr als 1000 Bürger vorsorglich bei Google Einspruch gegen die Darstellung ihrer Häuser eingelegt.

Trotz aller Kritik soll der Service in diesem Jahr eingeführt werden, sagt Oberbeck. Der Internetkonzern, der seine Produkte sonst fast nur virtuell bewirbt, verteilt dazu handliche Broschüren in einem freundlichen Blau-Ton. "Es kommen viele Besucher, die Street View super finden", versichert die Mitarbeiterin.

Nicht alle, die bei den bunt bemalten Autos stehenbleiben und die Kamera zücken, sehen das genauso. Ein Rentner aus Wolfsburg stört sich vor allem daran, dass die Kameras in 2,90 Metern Höhe montiert sind. "Damit wird doch über den Zaun oder die Hecke fotografiert", sagt er. "Es gibt immer Ganoven, die so was ausnutzen", fürchtet der Mann. Damit steht er nicht alleine.