Berlin
Datenschützer zeigen Merkel an

Chaos-Computer-Club wirft Bundesregierung wegen NSA-Affäre verbotene Geheimdiensttätigkeit vor

03.02.2014 | Stand 02.12.2020, 23:07 Uhr

Berlin (DK) Internet-Aktivisten machen Druck in der NSA-Überwachungsäffäre: Der Chaos-Computer-Club (CCC) hat zusammen mit zwei anderen Organisationen gestern Strafanzeige gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und das Kabinett wegen verbotener Geheimdiensttätigkeit gestellt.

Die Anzeige richtet sich gegen die gesamte Bundesregierung inklusive Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sowie gegen den Bundesnachrichtendienst, den Militärischen Abschirmdienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz. Der Chaos-Computer- Club sowie die Internationale Liga für Menschenrechte und der Verein digitalcourage werfen ihnen vor, bei der Massenüberwachung der NSA eng mit dem US-Geheimdienst kooperiert zu haben.

Es bestehe längst Gewissheit, dass dabei gegen deutsche Strafgesetze verstoßen wurde, heißt es in einer Mitteilung des Chaos-Computer-Clubs. Mit der Strafanzeige gegen die Bundesregierung und die Leiter der deutschen Geheimdienste sollten daher „endlich die überfälligen Ermittlungen des Generalbundesanwalts angestoßen werden“.

Die Bundesregierung bemühe sich nicht ernsthaft, den Skandal um die umfassende Überwachung durch die NSA aufzuklären, sagte Rena Tangens von Digitalcourage. „Das kann nicht sein, da wird Recht und Gesetz gebrochen.“

Die Organisationen forderten zudem, dass der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der den Skandal aufdeckte, als „sachverständiger Zeuge“ in Deutschland vernommen werden soll. Selbstverständlich müsse ihm freies Geleit zugesichert werden, heißt es beim CCC, sowie „wirksamer Schutz vor Auslieferung in die USA“.

Generalbundesanwalt Hartmut Range muss nun prüfen, ob er Ermittlungen aufnimmt. „Wenn es nur nach den juristischen Argumenten geht, muss dringend ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden“, sagte der Berliner Rechtsanwalt Claus Förster, der die Strafanzeige mitformuliert hat, gestern gegenüber unserer Zeitung. Die Anzeige habe natürlich auch eine politische Dimension.

Die Internationale Liga für Menschenrechte rief bereits alle Bürger und Vereinigungen auf, sich der Strafanzeige anzuschließen „und sie öffentlichkeitswirksam zu unterstützen“. Die Schwesterorganisationen der Menschenrechtler in Frankreich und Belgien wollen den Anwälten zufolge nun dort vergleichbare Anzeigen erstatten. Sollten sie abgewiesen werden, könne dies dann als Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gebracht werden.

Die Bundesregierung wollte die Strafanzeige gestern nicht kommentieren. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, er habe dazu keine Stellung zu nehmen. Jeder in Deutschland könne Strafanzeige erstatten. Kommentar Seite 2