Ein Provokateur zieht sich zurück

22.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:05 Uhr

Bischof Walter Mixa am Altar: Während die einen seine freundliche Art schätzten, galt er den anderen als extrem Konservativer. - Foto: Siegel

Augsburg (DK) Mit Bruchlandungen hat Bischof Walter Mixa Erfahrung. Vor fünf Jahren stürzte der katholische Oberhirte im Bischofspalais in Eichstätt und holte sich eine Gehirnerschütterung und eine Nasenbeinfraktur. Im Jahr 2007 fiel der Bischof vom Fahrrad, brach sich einen Arm und witzelte, "man soll eben auch mit dem Rennrad nicht schneller fahren, als der eigene Schutzengel fliegen kann".

Auf der Strecke, die der katholische Oberhirte in den vergangenen drei Wochen bergab fuhr, konnte sein Schutzengel offensichtlich nicht mehr mithalten. Jetzt hat Mixa Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt angeboten. Er wolle damit weiteren Schaden von der Kirche abwenden und einen Neuanfang ermöglichen, erklärte Mixa gestern. Der Rücktritt war ihm von Priestern seiner Diözese und von der Spitze der Bischofskonferenz nahegelegt, von Politikern und katholischen Laien gefordert worden. Solidaritätsadressen waren dagegen kaum zu hören.

 
Freundliches Lächeln

Dem Bischof, der jahrelang mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen durch seine Diözese reiste, und der als umgänglich, aber auch als selbstverliebt und schließlich realitätsfern galt, ist nun der Druck zu groß geworden.

Der in Oberschlesien geborene Mixa, dessen Vater in russischer Kriegsgefangenschaft war, wuchs in dem württembergischen Städtchen Heidenheim an der Brenz auf und besuchte dort das Gymnasium. Sein Abitur absolvierte er am Spätberufenenkolleg im Kloster Fockenfeld in der nördlichen Oberpfalz. Er studierte in Dillingen und in Fribourg/Schweiz, wurde 1970 zum Priester geweiht und promovierte an der Universität Augsburg. 1973 bis 1996 war Mixa als Religionslehrer, später als Stadtpfarrer und zuletzt als Dekan in Schrobenhausen tätig. Aus dieser Zeit meldeten sich nun die Zeugen, die dem Kirchenmann vorwerfen, er habe Heimkinder geschlagen.

Seit März 1996 war Mixa Bischof, zunächst in Eichstätt, seit dem Jahr 2000 zusätzlich Militärbischof. Damit wurde er Nachfolger des umstrittenen Fuldaer Bischofs Johannes Dyba. Im Jahr 2005 hat ihn der neu gewählte Papst Benedikt XVI. in die zweitgrößte bayerische Diözese nach Augsburg berufen. Der Mann, der am Sonntag seinen 69. Geburtstag feiert, war Oberhirte von knapp 1,4 Millionen Katholiken in 1000 Kirchengemeinden im Bistum Augsburg.

Geliebäugelt hatte Mixa allerdings damals, so hieß es, mit dem Erzbistum München-Freising. Doch eine Bargeldaffäre Anfang 2002 dürfte ihn um die Chancen für dieses Amt gebracht haben. Damals war Mixa als Militärbischof vom mazedonischen Zoll mit 400 000 Mark im Koffer erwischt worden. Geld, das er angeblich für den Bischof von Skopje transportierte.

Da kam Mixa in Erklärungsnot, obwohl er doch bundesweit als Mann der klaren Worte gilt. Als Hardliner machte er sich einen Namen in der Frage der Schwangerenberatung, in der er als erster deutscher Bischof der Linie von Papst Johannes Paul II. folgte, der den Ausstieg der Kirche aus der Beratung verlangte.

In kirchlichen Kreisen gibt sich Mixa immer gern als Freund ökumenischer Fortschritte, doch Bemühungen seinerseits in diese Richtung sind kaum wahrzunehmen. Im Gegenteil – manches Mal spuckt Mixa Ökumene-Freunden in die Suppe. Besonders streng zeigte er sich gegenüber Pfarrer Bernhard Kroll. Nachdem dieser beim ersten Ökumenischen Kirchentag in Berlin 2003 bei einem evangelischen Gottesdienst das Abendmahl empfangen hatte, verbot Mixa ihm die Amtsausübung.

Mit Hilfe seines Medienberaters, des 50-jährigen Dirk Hermann Voß, setzte Mixa nach dem Wechsel in die Diözese Augsburg provokante Äußerungen ab, die immer wieder für Schlagzeilen gut waren – nicht versehentlich, sind Beobachter bis heute überzeugt.

Auch Mixas Einlassung, die sexuelle Revolution der 68er Jahre habe sexuellen Missbrauch an Kindern begünstigt, waren wohl kaum ein spontaner Diskussionsbeitrag. Nach dem er wegen Misshandlungsvorwürfen immer stärker in die Kritik geraten war, sagte der Militärbischof vor wenigen Tagen einen Besuch der Bundeswehr-Soldaten und Militärseelsorger in Afghanistan ab.

Kalkulierter Tabubruch

Oft sind Mixas Beiträge kalkulierte Tabubrüche, von Berater Voß ins Spiel gebracht. Etwa wenn Mixa den Völkermord an den Juden den Schwangerschaftsabbrüchen gegenüberstellt oder "aggressiven Atheismus" für Nationalsozialismus und Kommunismus verantwortlich macht.

Zumindest in den kommenden Wochen dürften solche Beiträge ausbleiben: Mixa geht auf Exerzitien. Und nach seiner Rückkehr dürfte er dann nur noch emeritierter Bischof, also Bischof im Ruhestand, sein. Als solcher wird er in der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen.