Keine drei Monate noch, dann herrscht in München wieder Ausnahmezustand: Oktoberfest. Der Bierpreis ist ein alljährliches Politikum. Was muss man sonst noch wissen?
München (dpa/lby) - Der Sommer hat kaum angefangen, da rüstet sich München für den Herbst. Am 21. September heißt es wieder „Ozapft is“ zum Oktoberfest, sechs Millionen Besucher werden bis 6. Oktober zur Wiesn erwartet, die noch immer als größtes Volksfest der Welt gilt. Am Montag startete der Aufbau der Bierzelte - und für Mitte der Woche hat die Stadt eine der Top-Nachrichten im Münchner Jahreslauf angekündigt, denn dann wird der Bierpreis bekanntgeben.
Was kostet das Bier?
Das ist alljährlich eine der wichtigsten Fragen, und egal, wie der Preis ausfällt: Das Granteln darüber gehört zur Tradition. Absehbar ist, dass der Preis wahrscheinlich die Marke von 15 Euro knacken wird. 2023 kostete die Maß zwischen 12,60 Euro und 14,90 Euro, im Schnitt 14,18 Euro, rund 6,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Trotz der alljährlichen Beschwerden über das angeblich zu teure Wiesnbier: Eingerechnet werden müssen zum einen die steigenden Kosten für Personal, Musik und Aufbau. Der Preisanstieg lag zudem im Vorjahr gleichauf mit der allgemeinen Inflation in Deutschland und unter dem etwas höheren Anstieg der Preise für Lebensmittel und Gastronomie. Und: Beim Wiesnbier bekommt man mehr Alkohol fürs Geld: Der Alkoholgehalt liegt bei etwa sechs Prozent. Wer nur den Durst löschen will, muss nicht mehr unbedingt zur Maß und damit tief in die Tasche greifen: Wie im Vorjahr gibt es kostenlos Trinkwasser an Brunnen auf dem Festgelände.
Wie sehen die Preise fürs Essen aus?
Auch hier wird es teurer. Ein Grund ist die höhere Mehrwertsteuer auf Essen in der Gastronomie, die seit Januar wieder von sieben auf 19 Prozent angehoben wurde - den Wert vor Corona. „Von einer Erhöhung um 15 Prozent muss ausgegangen werden; 12 Prozent entfallen dabei auf die Angleichung der Mehrwertsteuer auf das Vor-Corona-Niveau und drei Prozent auf allgemeine Kostensteigerungen“, sagt Wirte-Sprecher Christian Schottenhamel. „Die Gäste können sich bei der Bundesregierung bedanken. Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch Finanzminister Christian Lindner haben ihr Versprechen gebrochen, bei der 7-prozentigen Mehrwertsteuer auf Speisen zu bleiben.“
Ist Corona noch ein Thema?
Nein. Allerdings bleibt die Wiesn ein Viren-Superspreader-Event. Regelmäßig einige Tage nach der Eröffnung füllen sich in München die Arztpraxen überproportional mit hustenden Menschen: Wiesngrippe. Denn in der Enge der Zelte haben Erkältungsviren beste Bedingungen.
Darf auf der Wiesn gekifft werden?
Nein. Die Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern hat ein Landesgesetz auf den Weg gebracht, nach dem das Kiffen auf Volksfesten und in Biergärten verboten wird. Zwar untersagt das Cannabisgesetz des Bundes das Kiffen in unmittelbarer Nähe von Minderjährigen, was faktisch ein Verbot für Volksfeste zumindest tagsüber bedeutet, weil dort auch Kinder und Jugendliche unterwegs sind. Volksfestbetreiber hatten dennoch eine Regelungslücke beklagt. „Wir müssen das Verbot einhalten und werden auch unsere Sicherheitskräfte entsprechend sensibilisieren“, sagt Wirte-Sprecher Christian Schottenhamel. „Wir sehen auch kein großes Problem, da es bis dato auch nicht zu größeren Cannabis-Dampfschwaden in München gekommen ist.“
Geht der Wiesn-Besuch auch virtuell?
Nicht nur für Menschen mit einer Viren-Phobie soll es das Wiesn-Erlebnis erstmals digital geben. Rechtzeitig zum Start des Festes sollen Fans virtuell übers Festgelände schlendern können. Derzeit wird ein Online-Spiel entwickelt, bei dem Besucher als Avatare mit VR-Brille das Volksfest besuchen. Als Vorsorge für die nächste Pandemie sei das Spiel aber nicht gedacht, betonte Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) bei der Ankündigung des Spiels im Vorjahr. Die Münchner Inklusionsinitiative vr4kids bietet heuer erstmals vor allem für benachteiligte und behinderte Kinder und Jugendliche einen virtuellen Wiesn-Besuch. Die Kinder Felix und Leah laufen über die Wiesn, fahren Riesenrad und nehmen ihre Gäste mit - auch Ältere, die es nicht mehr selbst aufs Fest schaffen. Leah erzählt dabei auch Gebärdensprache. Die Älteste, die im Testlauf mit der VR-Brille so die Wiesn besuchte, war 96 Jahre alt, wie Initiator Christoph Ostler berichtet. „Das große Stichwort ist Teilhabe.“
Wie ist der Dresscode auf der Wiesn?
Dirndl und Lederhose gilt als Wiesn-Uniform schlechthin. Aber erlaubt ist, was gefällt. Schotten kommen gern im Rock, zum Gay-Sunday am ersten Wiesn-Sonntag stöckeln Drag-Queens übers Gelände. Hüte mit Plüschhendl bleiben unkleidsame, aber unverwüstliche Wiesn-Accessoires. Gesehen wurden auch US-Gäste im weiß-blauen Rautenkostüm. Einheimische und ausländische Gäste bevorzugen Lederhose und Dirndl - die Palette reichte hier vom Mini-Dirndl über das „Christbaum-Dirndl“ mit Glitzerschmuck bis zu extravaganten Varianten mit Totenkopf. Wer sich schnell auf dem Weg zur Wiesn noch umziehen möchte: Buden rund ums Festgelände verkaufen billige Varianten. Das Outfit hat aber wenig zu tun mit traditionellen Trachten, die kennzeichnend sind für bestimmte Orte und viele Hundert oder auch Tausend Euro kosten können. Zu sehen sind diese beim Trachtenumzug am Sonntag nach der Wiesneröffnung.
Wie bekommt man einen Platz im Bierzelt?
So früh wie möglich reservieren - das ist die sichere Variante. Schon jetzt sind buchbare Plätze vielfach weg. Die Wirte dürfen aber nicht alle Plätze vergeben. Wer gut zu Fuß ist, stürmt gleich bei der Öffnung des Festgeländes am Morgen zum Zelt seiner Wahl. Bei den Wirten müssen für eine Reservierung Verzehrgutscheine erworben werden. Seit vergangenem Jahr können Gäste, die ihre Reservierung nicht wahrnehmen können, diese auf einer Tauschbörse anbieten.
Wie nachhaltig ist die Wiesn?
Ein Energiesparevent ist das Volksfest sicherlich nicht. Dennoch: Die Wirte der großen Zelte haben sich als ehrgeiziges Ziel gesetzt, binnen vier Jahren klimaneutral zu werden - möglichst sogar schon 2026. Die Wirte ermitteln dazu ihren Verbrauch an Kohlenstoffdioxid, um den CO2-Fußabdruck zu verkleinern. Auch der Abfall wurde teils gemessen, um daraus Konsequenzen zu ziehen. Seit langem wird Ökostrom verwendet und Bierkrug-Spülwasser für Toiletten zweitverwertet. Außerdem gibt es immer mehr vegane Gerichte. Die Frage, ob die Wiesn nur mit Bio-Produkten möglich wäre, haben die Wirte bisher abschlägig beurteilt.
© dpa-infocom, dpa:240701-930-160304/1
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