Sieben Tote
Tödlicher Schleuserunfall: Anklage gegen drei Verdächtige

16.07.2024 | Stand 16.07.2024, 14:12 Uhr |

Anklage nach tödlichem Schleuserunfall - Nach dem tödlichen Schleuserunfall im Oktober 2023 in Oberbayern hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. - Foto: Sven Hoppe/dpa

Auf der Flucht vor der Polizei verunglückt der Fahrer eines Schleuserfahrzeugs. Sieben Insassen sterben. Nun hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben.

Neun Monate nach einem tödlichen Unfall mit einem Schleuserfahrzeug auf der Autobahn 94 in Oberbayern hat die Staatsanwaltschaft Traunstein Anklage gegen drei mutmaßliche Organisatoren der Fahrt erhoben. Der Vorwurf lautet auf Einschleusen mit Todesfolge, wie die Behörde mitteilte. Die drei Männer, die zur Tatzeit im Oktober vergangenen Jahres 17, 22 und 23 Jahre alt waren, befinden sich in Untersuchungshaft. Nun muss die Jugendkammer am Landgericht Traunstein über die Zulassung der Anklage entscheiden.

Auf der Flucht vor der Polizei war der damals 24 Jahre alte Fahrer des Kleinbusses verunglückt. Das Fahrzeug war mit 23 Menschen völlig überfüllt. Sieben Insassen kamen ums Leben, darunter ein sechsjähriges Kind. Mehrere Personen wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Ein Mann befindet sich nach Angaben eines Sprechers der Staatsanwaltschaft aufgrund eines bleibenden Hirnschadens weiterhin in Lebensgefahr.

Gegen den Fahrer, der einen Armbruch erlitten hatte, dauern die Ermittlungen an. Ihm liegt laut Staatsanwaltschaft siebenfacher Mord zur Last.

Was sagt die Anklagebehörde?

Die drei jetzt Angeschuldigten seien dringend verdächtig, die Schleusung als sogenannte „Scoutfahrer“ gemeinsam mit dem Fahrer organisiert und durchgeführt zu haben. „Scoutfahrer“ organisieren den Angaben nach Schleusungen und begleiten mit anderen Autos das eigentliche Schleuserfahrzeug. Sie kundschaften aus, wo Polizeikontrollen stattfinden, und leiten den Schleuserfahrer dann über andere Routen.

Die drei Männer sollen den Fahrer für 300 Euro je geschleuster Person angeworben haben. Ihnen sei bekannt gewesen, dass der Kleinbus überfüllt gewesen sei, nicht ausreichend Sicherheitsgurte vorhanden gewesen seien und im Falle eines Unfalls die geschleusten Personen schwerste oder tödliche Verletzungen erleiden würden, so die Anklagebehörde.

Wie genau ist der Unfall passiert?

Am Tattag hätten die Scouts Polizeikontrollen am Grenzübergang Simbach entdeckt und den Fahrer des Kleinbusses zum Grenzübergang Burghausen gelotst haben. Als der Fahrer feststellte, dass ihn Polizeibeamte bemerkt hatten, habe er nach einem Telefonat mit den Scouts Gas gegeben und sein Fahrzeug auf bis zu 180 Stundenkilometer beschleunigt. Damit habe sich der Mann einer Fahrzeugkontrolle entziehen wollen.

Bei der Einfahrt in die Autobahnausfahrt Waldkraiburg/Ampfing mit einem Tempo von etwa 150 durchbrach das Fahrzeug eine Leitplanke und überschlug sich.

Die Staatsanwaltschaft geht nach eigenen Angaben davon aus, dass die Scouts - anders als der Fahrer - nicht mit Tötungsvorsatz handelten und sich insofern des Einschleusens mit Todesfolge schuldig gemacht haben.

Die drei Männer seien von Januar an zunächst in Österreich in Auslieferungshaft gesessen, ehe sie in bayerische Justizvollzugsanstalten gebracht wurden. Oberstaatsanwalt Martin Freudling zufolge bewährte sich die neue Spezialabteilung für grenzüberschreitende und organisierte Kriminalität bei der Staatsanwaltschaft Traunstein. „Mittlerweile gelingt es uns, in mehr als der Hälfte aller Schleusungsdelikte Hintermänner oder weitere Täter und weitere Schleuserfahrten der Täter zu ermitteln und strafrechtlich zu ahnden.“

© dpa-infocom, dpa:240716-930-175317/2

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