Musik
Staatsballett-Chef Hilaire: Krieg wirft um Jahrzehnte zurück

25.06.2022 | Stand 26.06.2022, 20:11 Uhr

Laurent Hilaire - Laurent Hilaire, Direktor des Bayerischen Staatsballetts. - Foto: Peter Kneffel/dpa

Der Ukraine-Krieg wirkt sich aus Sicht des neuen Direktors des Bayerischen Staatsballetts auch auf die Tanzwelt gravierend aus. «Der Krieg wirft uns um Jahrzehnte zurück», sagte Laurent Hilaire in einem Interview dem «Spiegel». «Das ist vor allem für russische Compagnien tragisch. In den vergangenen Jahren gab es einen regen Austausch, Choreographen aus der ganzen Welt gingen zum Arbeiten nach Russland. Das ist nun vorbei.» Niemand aus dem Westen wolle mehr mit russischen Compagnien arbeiten - und sie seien im Westen unerwünscht. «Es muss sich wie ein Gefängnis anfühlen.»

Dass viele russische Künstler nun nicht mehr engagiert werden, findet Hilaire falsch. «Wenn sich ein russischer Künstler noch nie politisch geäußert hat, ergibt es für mich keinen Sinn, jetzt nicht mehr mit ihm zusammen zu arbeiten», sagte er im «Spiegel»-Interview. «Wir können doch nicht alle rausschmeißen, bloß weil sie russisch sind.»

Der Franzose Hilaire (59) war bis vor kurzem in Moskau künstlerischer Direktor des Stanislawski-Balletts, kündigte aber kurz nach Beginn des Überfalls auf die Ukraine. «Russlands Politik widerspricht momentan allen Werten, an die ich glaube. Menschenrechte, Demokratie, freie Meinungsäußerung», sagte er dem «Spiegel». Als er Russland verließ, ahnte er nicht, dass in München bald ein Posten für ihn freiwerden würde, den wiederum noch bis Anfang April der Russe Igor Zelensky innehatte, bevor er ihn «aus persönlichen Gründen» abgab.

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