Durch kein anderes Internetdelikt wurde laut Polizei im letzten Jahr mehr Schaden verursacht als durch dubiose Geldanlagen: 2023 erbeuteten Betrüger durch so genannten Online-Anlagebetrug alleine im Norden Oberbayerns bei 424 (!) Fällen rund 18 Millionen Euro. Wann Sie besonders misstrauisch sein sollten – hier ein paar Tipps.
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Seit 2020 lässt sich nach Angaben des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord ein kontinuierlicher Anstieg der Fallzahlen und des entstandenen Gesamtschadens feststellen. Bisheriger Spitzenreiter war das Jahr 2023 mit 424 gemeldeten Fällen. Schaden pro Fall: rund 42.000 Euro – insgesamt also fast 18 Millionen Euro.
Tendenziell lasse sich auch für das laufende Jahr 2024 eine erneute Steigerung erkennen. Eine Pfaffenhofenerin fiel etwa im Frühjahr auf Betrüger herein, wollte Geld in Bitcoins anlegen. Sie überwies eine Erstanlage von 250 Euro. Die Täter beantragten im Namen der Frau zwei Kredite und kassierten ab. In Fürstenfeldbruck ist eine Frau (66) durch eine angebliche Investition in Kryptowährungen sogar um 240.000 Euro betrogen worden.
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Auch in den Polizeipräsidien Niederbayern und Oberbayern-Süd registriert man immer wieder entsprechende Fälle.
Wie läuft die Masche der Anlage-Betrüger ab?
Mit plakativer Werbung im Internet erregen die Betrüger die Aufmerksamkeit ihrer potenziellen Opfer. Versprechungen wie beispielsweise „Mit einer revolutionären neuen Software innerhalb weniger Tage reich werden“ oder angeblich attraktiven Rückvergütungsprogrammen werden viele Bürger angelockt, die auf der Suche nach lukrativen Anlagemöglichkeiten sind.
Ihre Vertrauenswürdigkeit untermauern die Täter zuweilen mit prominenten Personen, die einer Verwendung ihrer Bilder allerdings nie zugestimmt haben. Eine Zeit lang wurde beispielsweise mit der beliebten TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“ geworben – und behauptet, dass die Investitionsform in der Show ein voller Erfolg gewesen wäre. Auch die Verknüpfung mit Verschwörungstheorien war beliebt: „Die Sendung durfte nicht ausgestrahlt werden, zu viele hätten davon profitiert“, hieß es etwa.
Niedrige Erstanlage als Köder
Gelockt wird zudem mit einer verhältnismäßig niedrigen Summe – oft sind es 250 Euro – die als Erstanlage von den Opfern gefordert wird. Ein angeblicher Broker oder Finanzspezialist berät die Anlegerinnen und Anleger und führt gemeinsam mit ihnen erste Trades durch. So berichteten es etwa auch geprellte Anleger aus Niederbayern der Mediengruppe Bayern wie eine Rentnerin, die so 100.000 Euro verlor, einen Großteil ihrer Altersvorsorge.
In den vorgetäuschten Depots werden laut Polizei zunächst virtuell hohe Gewinne vorgegaukelt, die eine letzte Skepsis beseitigen sollen. Die Leute tätigen dann oft weitere Überweisungen – mit teils sehr hohen Geldbeträgen. „Spätestens dann, wenn die gutgläubigen Anlegerinnen und Anleger jedoch die Auszahlung ihrer Erträge fordern, sind die Trading-Plattformen nicht mehr erreichbar und der vermeintliche Gewinn verloren“, teilen die Beamten mit.
Vorsicht bei „Spezialisten“, die das verlorene Geld zurückholen wollen
In einigen Fällen findet laut Polizei im Anschluss an diese Masche eine sogenannte „Reaktivierung“ statt. „Es meldet sich erneut ein scheinbarer Spezialist und verspricht das verlorene Geld zurückzuholen“, so die Beamten. Aber Vorsicht: Auch das ist in der Regel eine Betrugsmasche.Der angebliche Spezialist verlangt zunächst schon mal eine Gebühr. „Im Folgenden wiederholen sich die Vorgehensweisen in ähnlicher Form, bis das Opfer nicht mehr gewillt oder in der Lage ist, weiter einzuzahlen“, so die Polizei.
Spezialist der Kripo Ingolstadt gibt Tipps
Die vermeintlichen Trading-Plattformen erwecken auf den ersten Blick einen professionellen Eindruck. „Dass es sich dennoch um eine Betrugs-Webseite handelt, kann man meist schon an der Aufmachung erkennen. Viele sehen sich sehr ähnlich, da häufig dieselben Technologieanbieter verwendet werden“, so Kriminalhauptkommissar Christian Reichmann von der Kripo Ingolstadt.
Tagtäglich beschäftigt sich Reichmann mit derlei Betrugsseiten und weiß daher, wie man diese von seriösen Trading-Seiten unterscheiden kann: „Viele haben kein Impressum oder einen genauen Firmennamen angegeben. Als Kontaktmöglichkeit stehen meist nur eine E-Mail-Adresse und eine Handynummer, oftmals eine ausländische, zur Verfügung“, teilt er mit. Unter den angegebenen Büroanschriften finde man oft Hochhäuser in Großstädten. Diese geben keinen Hinweis darauf, dass dort tatsächlich die betreffende Brokerfirma ansässig ist.
Seien Sie besonders wachsam, wenn...
- … hoher Gewinn bei geringem Risiko versprochen wird („Geheimtipp“).
- … im Internet schon vor dieser Seite gewarnt wird.
- ... ein Berater (Broker/Account-Manager) Sie persönlich anruft und seine Dienste anbietet.
- … Ihr Konto angeblich hervorragende Gewinnentwicklungen darstellt.
- … Sie immer mehr Geld investieren sollen.
- … Sie Fernzugriff auf Ihren PC erlauben sollen (Remote-Software).
- ... der Dienstleister nicht bei www.bafin.de registriert ist – dann ist Vorsicht geboten!
So schützen Sie sich:
- Geben Sie niemals Geld in die Hände Unbekannter!
- Lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen!
- Lassen Sie niemals Fernzugriff (Remote-Software) auf Ihrem Computer zu!
Polizei startet Präventionskampagne
Um diese Form des Betrugs bekannter zu machen und potenzielle Opfer zu schützen, hat das Polizeipräsidium Oberbayern Nord daher eine gezielte Präventionskampagne konzipiert. „Das Delikt findet vorwiegend im Internet statt, weshalb speziell darauf abgestimmte Beiträge produziert wurden.
Diese werden ab dem 5. Oktober 2024 auf den Social-Media-Kanälen des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord veröffentlicht“, teilt das Polizeipräsidium mit. TV- und Radio-Beiträge sowie die Verteilung von Plakaten und Flyern an Banken und Gemeinden sollen die Aktion außerdem begleiten.
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