Vernehmung
Maskenausschuss: Huml hat Erinnerungslücken - und Aiwanger ist wütend

12.12.2022 | Stand 17.09.2023, 8:36 Uhr

Melanie Huml (CSU), ehemalige Gesundheitsministerin, und Hubert Aiwanger (Freie Wähler), stellvertretender Ministerpräsident, mussten am Montag vor dem Maskenausschuss des Landtags aussagen. −Foto: Peter Kneffel/dpa

Je detaillierter im Untersuchungsausschuss zum Ankauf von Corona-Schutzmasken die Nachfragen an Melanie Huml wurden, desto öfter fehlten der Ex-Gesundheitsministerin die Erinnerungen.



Dass sich Politiker und Geschäftsleute in der Pandemie durch Geschäfte mit Schutzmasken bereichert hätten, habe sie erst viel später durch Staatsanwaltschaft und Presse erfahren, sagte die CSU-Politikerin am Montag bei ihrer Vernehmung im Maskenausschuss des bayerischen Landtags. Bis heute sei sie darüber entsetzt.

Huml beschreibt es während ihrer praktisch ganztägigen Befragung so: Über alle Details zu den Beschaffungen habe sie gar nicht informiert sein wollen, aber vor Sitzungen des Kabinetts, des Krisenstabs, im Landtag habe sich „selbstverständlich“ immer wieder den Sachstand erfragt. Zu Pandemiebeginn habe sie da sicher „intensiver gefragt“, vom Grundsatz her aber der Fachebene vertraut.

Huml kann sich an vieles nicht erinnern



Dabei kann sich Huml, die zu Beginn der Pandemie im ersten Quartal 2020 in vorderster Front gegen die Ausbreitung des Virus im Freistaat verantwortlich war, insgesamt durchaus an viele Dinge erinnern: Etwa an die Bilder der Corona-Toten aus dem italienischen Bergamo oder die täglichen Telefonat mit Freunden aus dem Medizinstudium, die ohne neue Schutzausrüstungen nur noch vier Tage operieren könnten.

An „formale Kommunikation“ mit dem langjährigen CSU-Abgeordneten Alfred Sauter oder den früheren CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein kann sich Huml aber nicht erinnern. Auch nicht, ob, wann oder wie oft sie bei anderen Maskenbeschaffungen - etwa über ihren Ehemann - in der Fachabteilung, also der operativen Ebene, nachgefragt hatte.

Nicht die Zeit gewesen, um zu verhandeln



Auch die Frage, ob sie damals etwa beim Zustandekommen des 14,25 Millionen Euro schweren Kaufvertrages, je die Rolle Sauters hinterfragt habe, der ja wie Nüßlein üppigste Provisionen für ihr Engagement kassiert habe, verneinte Huml. Sie sei aber davon ausgegangen, dass diese sich unentgeltlich engagiert hätten, „für die Gemeinschaft“ und „um Menschenleben zu retten“, nicht aber mit der Aussicht auf eine persönliche Bereicherung.

Humls Fokus lag, nach ihren eigenen Worten, auf der Beschaffung der Masken. „Es war eher entscheidend die Menge und die Lieferzeit als der Preis“, sagte sie. Es sei auch nicht die Zeit gewesen, in der über Preise verhandelt werden konnte. Die Angebote im Februar und März 2020 seien befristet gewesen, immer habe die Gefahr bestanden, „durch zu zögerliches Handeln, Menschenleben zu gefährden“. Erst ab Frühsommer 2020 habe sich Lage weltweit wieder stabilisiert.

In den ersten Wochen der Pandemie habe auf allen erfolgversprechenden Wegen persönliche Schutzausrüstungen (PSA) beschafft werden sollen. „Das Gesundheitssystem drohte zusammenzubrechen“, sagte Huml. Da die Beschaffung eine völlig neue Aufgabe für das Ministerium war, war „es hilfreich, Hinweise zu bekommen“. Es sei ein „unglaublich dynamisches Geschehen“ gewesen. Es habe keinerlei Markt oder gar Lieferketten gegeben, bei dem etwa Angebote verglichen und geprüft werden konnten.

Beispiel für unseriöse Angebote



Mit Blick auf den Ankauf von einer Million Masken des Herstellers Emix aus der Schweiz für 8,9 Millionen Euro sagte Huml, sie könne sich zwar erinnern, dass der Kontakt über die CSU-Europapolitikerin Monika Hohlmeier zustande gekommen sei, weitere Details seien ihr nicht bekannt gewesen, auch nicht wer welche Provisionen erhalte.

Huml sagte, es sei jedem Hinweis für Angebote nachgegangen worden, der valide erschien. Dabei sei es um die Prüfung von Zertifikaten gegangen und die Einschätzung, ob Angebote überhaupt seriös sein könnten. „Es wurden nicht alle Waren angenommen, um die Lager zu füllen, komme was wolle.“ Als Beispiel für unseriöse Angebote nannte sie ein angebliches Verkaufsangebot für Millionen Masken, von denen aber auf Nachfrage nicht einmal ein Foto verfügbar war.

Generell habe die Qualität der gekauften Masken aber nicht mit der sonst üblichen Sorgfalt geprüft werden können: „Bei vielen Dingen konnten wir nicht noch fünf Experten hinzuziehen und warten. Wir mussten handeln, um Menschenleben zu retten.“ Der Versorgungsmangel, die fehlende Kenntnis über das Coronavirus und die steigenden Infektionszahlen habe große Eile erfordert.

Aiwanger sagt aus: „So, servus beinander“



Konferenzsaal des Landtags, um 18 Uhr marschiert Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hinein. „So, servus beinander.“ Der Minister nimmt Platz, redet drauf los, ohne Manuskript, dafür mit einiger Wut im Gepäck. Dass ihm die Opposition „Filz und Günstlingswirtschaft“ vorwerfe, sei „üble Nachrede, ich weise das in aller Entschiedenheit zurück“. Das seien „politische Manöver, um die Arbeit der damals Tätigen zu diskreditieren“.

Die Staatsregierung habe sich bis an den Rand der Leistungsfähigkeit eingesetzt, um den Auftrag zu erfüllen, genügend Material zu organisieren, auch Masken, sagte Aiwanger. Dabei habe man sehr punktgenau und korrekt gearbeitet. Und man habe sich auch abgesichert, ob alle Vergabekriterien erfüllt seien, betonte er. Er habe keinen Cent bekommen, nirgends, sagte Aiwanger.

Im Zentrum der Maskenaffäre stehen Sauter und Nüßlein



Ziel des im Dezember 2021 eingesetzten Ausschusses ist es, Masken-Geschäfte der Staatsregierung in der Corona-Pandemie sowie mögliche Beteiligungen von Politikern und teils hohe Provisionszahlungen auch an Abgeordnete aufzuklären - wobei die Provisionen von beteiligten Firmen kamen.

Im Zentrum der Maskenaffäre stehen Sauter und Nüßlein, die zu Beginn der Corona-Pandemie für die Vermittlung von Masken-Geschäften üppige Provisionen kassierten. Juristisch sah der Bundesgerichtshof den Tatbestand der Bestechlichkeit nicht als erfüllt - weil die Abgeordneten dazu im Parlament selbst hätten tätig werden müssen. Sauter und Nüßlein betonten stets, in ihren Rollen als Anwälte agiert zu haben. Gleichwohl haben auch CSU-Spitzenpolitiker das Handeln der beiden ehemaligen Kollegen etwa als moralisch verwerflich bezeichnet.

− dpa