Lawinentote bei Sonne und Neuschnee: Lage bleibt angespannt

08.02.2022 | Stand 09.02.2022, 22:08 Uhr

Weitere Lawine in Österreich - mindestens ein Toter - Rettungskräfte stehen sich am Fuß der Gammerspitze in Tirol. - Foto: Zeitungsfoto.At/APA/dpa/Archivbild

Nach der Serie von tödlichen Lawinenunfällen in die Alpen bleibt die Lage in den Bergen kritisch. Experten mahnen zur Vorsicht. Schneemassen hatten binnen weniger Tage fast ein Dutzend Menschen in den Tod gerissen. Die Gründe für die Häufung waren vielfältig.

Die hohe Zahl von Lawinenunfällen am Wochenende in den Alpen mit insgesamt elf Toten geht nach Einschätzung von Experten nicht zuletzt auf eine unglückliche Verkettung von Umständen zurück. «Es waren sehr viele Leute unterwegs, das Wetter war schön und es herrschte eine gefährliche Lawinenlage. Das ist eine Kombination, da passiert einfach oft etwas», sagt Thomas Feistl, Leiter der Lawinenwarnzentrale im Bayerischen Landesamt für Umwelt. Der Schneedeckenaufbau vor allem am Alpenhauptkamm sei schlecht gewesen - ein Grund war starker Schneefall nach einer längeren schneearmen Zeit.

In Österreich waren von Freitag bis Sonntag neun Menschen in Lawinen umgekommen. Ein Tourengeher starb zudem in der Schweiz und ein weiterer in Bayern.

Die Lawinenwarnstufe sei erst am Freitag von großer Gefahr der Stufe 4 an den Vortagen auf erhebliche Gefahr der Stufe 3 zurückgenommen worden, sagte Feistl. «Bei Stufe 3 (von 5) passieren die meisten Unfälle.» Zwei Drittel aller Unglücke ereignen sich bei dieser Lage.

Gerade bei Stufe 3 sei einerseits die konkrete Gefahr teils schwer zu beurteilen, andererseits könnten bestimmte Touren durchaus unternommen werden. «Es gehört aber lawinenkundliches Beurteilungsvermögen dazu, und dabei können Fehler passieren.»

Starker Schneefall und Wind verschärften inzwischen die Lage erneut. In Teilen der bayerischen Alpen stieg zum Wochenbeginn die Warnstufe oberhalb von 1400 Metern erneut auf 3. Teils gab es 20 bis 40 Zentimeter Neuschnee, Wind sorgte für gefährliche Triebschneeansammlungen.

Mit dem Anstieg der Temperaturen und Sonneneinstrahlung sei mit der Selbstauslösung großer Lawinen zu rechnen, teilte das Landesamt für Umwelt am Dienstag mit. «Das Erkennen von Gefahrenstellen und das Beurteilen der Lawinengefahr ist momentan auch für erfahrene Wintersportler und Wintersportlerinnen schwierig. Für Unternehmungen im winterlichen Gebirge ist daher aktuell Zurückhaltung gefragt.»

Auch Feistl mahnte für die nächsten Tage zur Vorsicht. «Das sind die unfallträchtigsten Tage» - auch weil der Neuschnee locke. «Die ersten schönen Tage sind für die Tourengeher die gefährlichsten.» Zum Wochenende hin erwarten die Experten der Lawinenwarnzentrale aber eine Entspannung der Lage.

Im Freistaat hatten sich drei Jahre lang keine tödlichen Lawinenunfälle ereignet, in dieser Saison gab es hingegen bereits zwei Lawinentote. Das bedeute jedoch keine Trendumkehr, sagte Feistl. Im Schnitt gebe es jährlich 1,5 tödliche Unfälle.

Bereits vor knapp zwei Wochen war in den Berchtesgadener Alpen ein 39-jähriger Skitourengeher in einer Lawine ums Leben gekommen. Der Lawinenwarndienst hatte für diesen Tag eine mäßige Gefahr der Stufe 2 ausgegeben. Am Samstag starb ein 61 Jahre alter Mann aus Österreich im Berchtesgadener Land beim Aufstieg zum 2468 Meter hohen Steintalhörndl. In beiden Fällen habe es sich um erfahrene Tourengeher gehandelt, die auf anspruchsvollen Routen unterwegs waren, sagte Feistl. Es bleibe jedoch stets ein Restrisiko.

© dpa-infocom, dpa:220208-99-23418/3