„Haben unmittelbar reagiert“
Krankenschwester soll Patientin ermordet haben: Regensburger Klinik unter Schock

16.08.2024 | Stand 17.08.2024, 17:56 Uhr |

Das Krankenhaus St. Josef in Regensburg. Hier sollen sich die Taten ereignet haben. Foto: altrofoto.de, Archiv

Schockierende Nachricht am Brückentag: Eine Krankenpflegerin (36) soll in einer Regensburger Klinik allem Anschein nach mehrere Patienten mit Medikamenten ruhiggestellt haben, um ihnen Wertsachen zu rauben. Eine Frau starb nach einem der Vorfälle. Nun hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben, wie die Behörde am Freitag mitteilte. Der 36-Jährigen wird Mord vorgeworfen. Das Klinikum reagiert auf Anfrage geschockt.



Laut Pressemitteilung sollen sich die Fälle allesamt im Januar und Februar dieses Jahres zugetragen haben. Insgesamt soll die Krankenpflegerin sechs Patienten Beruhigungsmittel gespritzt haben, obwohl dies nicht nötig war. Der krasseste Fall spielt Ende Januar. Damals soll die Pflegerin einer 65-Jährigen Midazolam verabreicht haben. Das führte zu einem Atemstillstand bei der Patientin. Sie musste reanimiert werden, starb aber wenige Tage später auf der Intensivstation.

Staatsanwaltschaft Regensburg erhebt Mordanklage

Darüber hinaus werden der Frau fünf weitere Fälle zur Last gelegt – dabei kamen die Patienten allerdings nicht ums Leben. Allen Vorfällen ist laut Staatsanwaltschaft gemein, dass die Pflegerin Dienst hatte. Unmittelbar vor Eintritt der Bewusstlosigkeit soll die 36-Jährige die Infusionsflaschen gewechselt oder die Zugänge gespült haben. In drei Fällen stellten die Patienten nach dem Aufwachen fest, dass ihnen Wertgegenstände fehlten.

So erging es auch einer heute 77-Jährigen. Diese schilderte laut Staatsanwaltschaft einen Fall, der sich am 20. Februar zutrug. Damals soll die Pflegerin am Abend den Zugang der Dame gespült haben, worauf die Patientin laut Staatsanwaltschaft in tiefe Bewusstlosigkeit fiel. Nach dem Aufwachen bemerkte die 77-Jährige, dass ihr Ringe im Wert von etwa 500 Euro gestohlen wurden.

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Dieser Fall brachte laut Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ins Rollen. Die Beschuldigte sitzt seit Ende Februar in Haft. Ihr wird laut Staatsanwaltschaft Mord in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge sowie versuchter Mord in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zur Last gelegt. Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau insbesondere vor, die Taten heimtückisch und aus Habgier begangen zu haben. Das sind zwei Mordmerkmale.

Die Staatsanwaltschaft weist ausdrücklich darauf hin, dass für die Pflegerin uneingeschränkt die Unschuldsvermutung gelte. Die Angeschuldigte selbst bestritt die Taten bei der Haftbefehlseröffnung, schreibt die Staatsanwaltschaft weiter.

Nun muss das Landgericht Regensburg darüber entscheiden, ob die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen wird. Dessen Sprecherin Ruth Koller bestätigt auf Anfrage den Eingang der Anklage. Wie lange es dauert, bis eine Entscheidung fällt, sei derzeit noch nicht abzusehen, sagte sie weiter.

Krankenhaus: „Haben unmittelbar reagiert“



Nach Informationen der Mediengruppe Bayern haben sich die Taten im Caritas-Krankenhaus St. Josef im Regensburger Stadtosten zugetragen. Sprecherin Katja Vogel bestätigt das auf Anfrage und betont: „Das Caritas-Krankenhaus St. Josef steht für medizinische Kompetenz und menschliche Zuwendung gleichermaßen. Die Tatvorwürfe, die im Raum stehen, sind entsetzlich und schockieren uns!“ Man sei in Gedanken bei den Angehörigen der Verstorbenen, sowie bei den geschädigten Patientinnen und Patienten. Vogel betont weiter: „Wir haben vom ersten Verdacht an unmittelbar reagiert und die Behörden verständigt.“ Das schreibt auch die Staatsanwaltschaft in ihrer Mitteilung. Demnach habe die Klinikleitung die Krankenschwester Ende Februar angezeigt. Krankenhaus-Sprecherin Vogel: „Selbstverständlich werden wir auch weiterhin sehr eng mit den Behörden zusammenarbeiten und alles in unserer Macht stehende tun, damit die Vorwürfe rasch und lückenlos aufgeklärt werden können.“

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Die Sicherheit und der Schutz der Patienten habe für das Krankenhaus oberste Priorität. „Wir haben alle in Kliniken gängigen und möglichen Vorkehrungen getroffen, um maximalen Schutz und Sicherheit zu gewährleisten.“ Das verwendete Beruhigungsmedikament Midazolam falle nicht unter das Betäubungsmittelgesetz, dürfe aber nur nach ärztlicher Verordnung verabreicht werden. „Um die persönliche Eignung und Vertrauenswürdigkeit zu belegen, fordern wir von allen Mitarbeitenden ein Führungszeugnis ein, die fachliche Eignung und Zuverlässigkeit wird von den Vorgesetzten kontinuierlich geprüft.“

Auch die beiden anderen Regensburger Krankenhäuser haben Sicherheitsvorkehrungen, um solche Fälle zu verhindern, wie sie der Mediengruppe Bayern auf Anfrage mitteilen. Simone Zenner, Sprecherin des Uniklinikums, schreibt: „Im UKR gelten hohe Qualitätsstandards, alle Mitarbeiter sind sich der Schweregrade der Erkrankungen und Verletzungen unserer Patienten bewusst und tragen entsprechend hohe Verantwortung.“ Mitarbeiter würden regelmäßig geschult – sowohl fachlich und im Umgang mit den Patienten als auch in der Achtsamkeit untereinander. Martin Straler, Sprecher der Barmherzigen Brüder, sagt: „Das Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg hat sich zahlreiche Standards gesetzt, um solche Fälle zu verhindern.“ Welche das sind, soll allerdings nicht öffentlich werden, „um die Wirksamkeit dieser Standards weiterhin aufrechtzuerhalten“, schreibt Straler.

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