Aiwanger: "Wir müssen jetzt umsteuern"

28.04.2021 | Stand 06.05.2021, 3:33 Uhr
Hubert Aiwanger, Bundesvorsitzender der Freien Wähler. −Foto: Kay Nietfeld/dpa

FW-Chef Hubert Aiwanger erklärt, warum er gegen die Corona-Regeln klagt - und an der Koalition in München festhält.

Herr Aiwanger, wie erklären Sie Ihren Wählern, dass die Freien Wähler zwar Teil der Regierung im Freistaat sind, aber trotzdem gegen die Corona-Regeln vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagen?

Hubert Aiwanger: Wir wollen uns die bayerischen Kompetenzen zurückholen, welche ohne Not aus München nach Berlin gegeben wurden. Wir haben bisher als Bayern-Koalition die Entscheidungen in München getroffen - ob wir Gasthäuser öffnen oder schließen, den Handel öffnen oder schließen. Künftig wird in Berlin entschieden, wann in Bayern die Freibäder geöffnet werden, die Biergärten und die Schulen. Das kann nicht sein. Wir wollen, dass die Staatsregierung wieder mitreden darf und wir Freien Wähler durch die Kompetenzverlagerung nach Berlin nicht ausgehebelt werden.

Bei den Wählern entsteht eher der Eindruck, dass die Freien Wähler in der Landesregierung nichts zu melden haben. Was sagen Sie zu dieser Einschätzung?


Aiwanger: Dieser Eindruck wird immer wieder geäußert. Wir verhalten uns sehr kollegial und haben auch viele Dinge mitgetragen, oft zähneknirschend. Aber ich glaube, dass jetzt ein Punkt ist, an dem wir umsteuern müssen. Noch dazu, weil Berlin nun in dieser Pandemie großflächige Regelungen und Verbote verabschiedet und in Bayern oft noch eins draufgesetzt wurde. Dabei war ja die Argumentation: Der Flickenteppich müsse beseitigt werden, die Zentralregierung hat die Weisheit mit Löffeln gefressen. Und plötzlich ist die Argumentation: Nein, wir machen es trotzdem wieder anders und strenger. Das ist nicht nachvollziehbar.


Was bedeutet das eigentlich für die Zukunft der Koalition in Bayern? Denken Sie auch mal über einen Ausstieg nach?
Aiwanger: Diese Frage stellt sich für uns keinesfalls. Wenn wir aussteigen sollten, dann würden andere, namentlich die Grünen, einsteigen. Wir haben aber neben der Corona-Politik noch 1000 andere wichtige Themen - von der inneren Sicherheit bis zur Energiewende und Landwirtschaft. Wenn wir uns zurückziehen würden und das Feld anderen überlassen, dann würde Bayern in eine falsche Richtung gesteuert. Da wäre nichts besser, da wäre alles schlechter. Die Koalition arbeitet bei den allermeisten Themen sehr gut zusammen.

Sie wollen ja auch bei der Bundestagswahl antreten. Besteht da nicht die Gefahr, nur als Anhängsel der CSU wahrgenommen zu werden?
Aiwanger: Ich glaube, dass wir Freien Wähler seit Jahrzehnten wahrgenommen werden als bodenständige Kraft der Mitte mit gesundem Menschenverstand. Wir sind keine Streithansel, aber in der Lage, unsere Politik im Sinne der Bürger zu vertreten. Wir haben zudem wichtige Themen wie das Verbot von Konzernspenden an Parteien oder die Stärkung der Wasserstoffwirtschaft, wo wir dringend gebraucht werden. Wir wollen die Besteuerung der Renten und die Erbschaftssteuer abschaffen. Eine vernünftige Kraft der Mitte fehlt in Berlin. Deswegen müssen die Freien Wähler dort hin.

DK

Die Fragen stellte Marco Schneider

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