Bei regionalen Experten nachgefragt
Warum Corona-Betroffene so unterschiedlich stark und lang erkranken

19.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:26 Uhr

Corona trifft die Menschen unterschiedlich stark und lang. Aber warum ist das so? Wir haben bei regionalen Experten nachgefragt. −Symbolbild: dpa

Von Karin Seibold

Dem einen trieft nur ein bisschen die Nase, der andere liegt tage- oder wochenlang komplett flach: Corona trifft die Menschen unterschiedlich stark und lang. Doch warum ist das so? Die Mediengruppe Bayern hat bei regionalen Experten nachgefragt.



Prof. Bernd Salzberger, Infektiologe aus Regensburg, nennt dazu vor allem drei Risikofaktoren: Alter, Gene und Begleiterkrankungen. „Für fast alle Faktoren kann man das Risiko durch Impfen drastisch reduzieren“, betont er. Und erklärt: „Das mit den Genen ist etwas in Vergessenheit geraten - aber immerhin ist der aktuelle Nobelpreis für Medizin auch dadurch getriggert worden, das Herr Pääbo ein Gen des Neandertalers als wichtigsten Risikofaktor für einen schweren Verlauf identifizieren konnte.“

Das Neandertal-Gen und weitere immunologische Gründe

Diesen Aussagen schließt sich der Infektiologe Prof. Thomas Glück aus Trostberg (Landkreis Traunstein) „voll an“, wie er erklärt. „Über das Neandertal-Gen hinaus gibt es, denke ich, noch weiter immunologische Gründe, was aber auch unter ‘Gene‘ zusammengefasst werden könnte“, meint Glück: Jeder Mensch habe ein individuell geprägtes Immunsystem, das im Rahmen dessen „Reifung“ im Thymus im Brustkorb in der Fötalperiode an den Körper „angepasst“ werde. „Bei jedem Menschen wird in der Embryonalphase ein ‘Ur‘-Immunsystem angelegt, in dem auch viele Immunzellen vorhanden sind, die den eigenen Körper angreifen würden“, sagt Glück. Diese würden bei der Reifung des Immunsystems in der Fötal-Periode im Thymus „aussortiert“ - was ein wichtiger Vorgang ist, sonst hätten wir alle Autoimmunprozesse. Da jeder Mensch unterschiedliche Gewebe hat (daher kann man nicht so einfach Organe transplantieren), werden bei jedem Menschen Immunzellen „aussortiert“, die unterschiedliche Strukturen erkennen würden.

Kritische immunologische Strukturen

Wenn nun später der Organismus mit einem Erreger konfrontiert wird, der relativ viele „kritische“ immunologische Strukturen aufweist, die von den im individuellen Menschen für den betreffenden Erreger in unterschiedlichem Ausmaß „fehlenden“ Immunzellen erkannt werden würden, kann der Organismus mit diesem individuellen Erreger wohl weniger gut „umgehen“ und ihn weniger gut bekämpfen. Das sei bei demselben Organismus für einen anderen Erreger dann wieder ganz anders. „Ziemlich kompliziert, aber so ist unser Immunsystem halt“, meint Glück dazu .

Alter, Gene, Begleiterkrankungen und Medikamente

Und er würde neben Alter, Gene und Begleiterkrankungen noch einen vierten Punkt anführen: „Medikamente, insbesondere welche, die das Immunsystem dämpfen, wie Kortison oder andere immundämpfende Medikamente“.