Klima
Bayerns Grüne: maximales Tempo bei Umsetzung von Windgesetz

23.06.2022 | Stand 24.06.2022, 19:14 Uhr

Grünen-Fraktion - Das Logo der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen im Deutschen Bundestag. - Foto: Michael Kappeler/dpa/Symbolbild

In zwei Wochen will der Bundestag den Windausbau per Gesetz beschleunigen. Bayerns Landtagsgrüne sehen die Regierung schon jetzt in der Pflicht. Handlungsbedarf sieht auch der Wirtschaftsminister. Wenn auch ganz woanders.

Die Grünen in Bayern fordern noch vor dem Inkrafttreten des neuen Windausbaugesetzes des Bundes maximales Tempo von der Staatsregierung bei der Suche nach geeigneten Flächen. Als erstes müsse «sofort» in den bestehenden Vorbehalts- und Vorranggebieten für Windkraft die 10H-Abstandsregel aufgehoben werden, «wie es Staatsregierung bereits selbst plante», sagte Martin Stümpfig, energiepolitischer Sprecher der Landtagsfraktion, der Deutschen Presse-Agentur in München. «Der zweite zentrale Schritt ist, dass Bayern seinen Planungsverbänden sofort ein Signal sendet zur Suche nach geeigneten Flächen.»

Das Bundeskabinett hatte Mitte Juni das «Wind-an-Land-Gesetz» beschlossen. Ziel ist es, dass bis 2032 in Deutschland zwei Prozent der Landesflächen für den Windkraftausbau ausgewiesen sind und zügig mit neuen Windkraftanlagen bebaut werden. Bayern muss bis 2026 zunächst 1,1 Prozent der Landesfläche für Windkraft ausweisen - bis 2032 dann 1,8 Prozent seiner Fläche. Viele andere Bundesländer haben sogar 2,2 Prozent als Vorgabe bis 2032.

«Die erste Stufe der Ausweisung soll die Staatsregierung gleichmäßig auf die 18 regionalen Planungsverbände verteilen, um ohne Zeitverzug das Planungsverfahren zu beginnen», betonte Stümpfig. Für die zweite Stufe solle dann auf Grundlage einer detaillierten Studie die Zielsetzung auf die 18 Planungsregionen heruntergebrochen werden. «Die Studie soll Mitte 2023 vorliegen», sagte er.

«Was die Grünen fordern ist nichts Neues», sagte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Die Studie, wie bis 2032 innerhalb Bayerns die 1,8 Prozent an die Windfläche verteilt werden solle, werde zwar erstellt, «hilft uns aber aktuell nicht weiter. Wir werden bis dahin ohnehin marktgetrieben aufgrund der großen Nachfrage nach Windstrom mehr Windfläche haben als vom Bund vorgeschrieben. Wir brauchen jetzt keine Studien, sondern Investoren und Umsetzer.»

Aus Sicht von Aiwanger braucht es angesichts der rückläufigen Gaslieferungen vielmehr vom Bund deutliche Lockerungen bei den Bauvorschriften zum Artenschutz: «Wir können nicht weiterhin drei Jahre lang die Flugbewegungen des angeblich vom Aussterben bedrohten Roten Milans beobachten, der aber überall auftaucht wo ein Windrad gebaut werden soll, obwohl er angeblich so selten ist.» Auch dürften Windräder nicht mehr regelmäßig wegen Artenschutzvorschriften abgeschaltet werden. «Diesen Luxus können wir uns in der jetzigen Situation nicht mehr leisten und das ist auch Investoren in die Windkraft nicht zuzumuten.»

Das Bundesgesetz soll noch vor der Sommerpause im Bundestag beschlossen werden, der Bundesrat ist nicht zustimmungspflichtig. «Mich freut es sehr, dass jetzt endlich Schwung in den Windkraftausbau in Bayern kommt», sagte Stümpfig. Bayerns 10H-Windkraftverhinderungsgesetz werde in zwei Wochen mit dem Beschluss des Bundestags endlich Geschichte sein. Allerdings müsse die Staatsregierung nicht warten, bis es in Kraft trete.

Ein Inkrafttreten zum 1. Januar 2023 müsse nicht abgewartet werden. «Bei diesem Prozess ist keine Zeit zu verlieren. Jetzt sofort sind die Vorbereitungen zu treffen», sagte Stümpfig. Die Staatsregierung müsse ihre Hausaufgaben schnell erledigen: Dazu zähle die Streichung bürokratischer und praxisferner Vorgaben aus dem Windkrafterlass; zudem müsse das Personal in den Planungsverbänden aufgestockt und für jeden Landkreis in Bayern ein sogenannter Windkraftkümmerer eingestellt werden.

In Bayern gilt seit Jahren die umstrittene 10H-Mindestabstandsregel, die den zehnfachen Abstand der Windradhöhe zur nächsten Siedlung vorschreibt. CSU und Freie Wähler hatten sich kürzlich dazu durchgerungen, diese Regeln durch Ausnahmen zu lockern.

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