Zwei Jahre Haft für "Feuerkrieger"

In Nürnberg wird ein junger Neonazi verurteilt, der einen Terroranschlag vorbereitet haben soll

04.12.2020 | Stand 23.09.2023, 15:51 Uhr
Der Angeklagte nimmt am letzten Verhandlungstag im Gerichtssaal Platz. Wenig später wurde er schuldig gesprochen. −Foto: Pelke

Nürnberg - Wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat auf einen "Ort der Andacht" ist ein 23-jähriger Elektriker aus Cham in der Oberpfalz am Freitag vom Landgericht Nürnberg-Fürth zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren verurteilt worden.

Die Ermittler waren auf den Neonazi durch Chatgespräche in der rechtsradikalen "Feuerkrieg Division" aufmerksam geworden.

In Handschellen muss der 23-jährige "Feuerkrieger" den Gerichtssaal am Freitag in Nürnberg wieder verlassen. Schuldig lautet das Urteil. Zwei Jahre ohne Bewährung beträgt das Strafmaß. Nach der Beweisaufnahme sei die Staatsschutzkammer zu der "festen Überzeugung" gelangt, dass der junge Neonazi mit dem blonden Seitenscheitel tatsächlich einen schweren Anschlag auf einen "Ort der Andacht" vorbereitet habe, begründet der Vorsitzende Richter Bernd Zuber das Urteil.

Der 23-Jährige will von seiner ganzen Erscheinung her nicht so recht dem Bild eines gemeingefährlichen Terroristen entsprechen. Äußerlich vollkommen regungslos nimmt er den Richterspruch entgegen. Während Zuber die Auffassung des Gerichts näher erläutert, starrt der schüchterne Elektriker, der sich in seiner Freizeit mit Neonazis im Internet unterhalten, Waffen wie am Fließband gehortet und am liebsten in Militärklamotten durch das Dorf gelaufen ist, stoisch nach vorne.

Derweil spricht der Richter davon, wie sich der junge Mann, der mit Hornbrille und dunklem Anzug vor ihm sitzt, im Internet bei Chats mit der neonazistischen "Feuerkrieg Division" immer mehr radikalisiert und immer mehr über Ausländer und Flüchtlinge gehetzt habe. Der gescheiterte Terroranschlag auf eine Synagoge in Halle habe den jungen Mann, der bei Frauen nicht landen konnte und daheim in der Kellerwohnung im Haus der Mutter vereinsamte, auf die Idee gebracht, selber ein Attentäter werden zu wollen.

In der rechten Chatgruppe mit den radikalen Gleichgesinnten habe sich der blonde Einzelgänger aus der Oberpfalz darüber beschwert, dass der Halle-Attentäter "versagt" und nicht viele Menschen in der Synagoge getötet habe. Deshalb habe er im Netz angekündigt, selber ein "Heiliger" werden zu wollen. Im Sprachgebrauch der Neonazis ist laut Richter damit ein Attentäter gemeint. "Der Angeklagte war fest entschlossen, möglichst viele Menschen anderen Glaubens oder fremder Herkunft hautnah zu töten", sagt Zuber mit ernster Miene. Für seine Tat habe der Waffennarr ein Sturmgewehr aus jugoslawischer Produktion im Format einer berühmt-berüchtigten Kalaschnikow verwenden wollen, dass er sich in Einzelteilen im Internet bestellt habe und daheim im Keller zusammenbauen wollte.

Über seinen Verteidiger hatte der Angeklagte während des Prozesses behauptet, dass er das Sturmgewehr der Marke "Zastava" nur für den Schützenverein zusammenbasteln wollte. Doch das hat das Gericht dem Angeklagten nicht abgenommen. Die These vom Schützenverein stuft der Richter stattdessen explizit als "Schutzbehauptung" ein und weist darauf hin, dass sich der Neonazi nach dem Auftauchen praktischer Hürden nicht mehr ernsthaft um eine Aufnahme in den Schützenclub bemüht habe. Stattdessen habe sich der Mann im Internet radikalisiert und "Orte der Andacht" wie Synagogen oder Moscheen zumindest verbal konkret ins Visier genommen. Neben dem Originalgehäuse des Sturmgewehrs habe er sich auch eine Zielvorrichtung gekauft. Fehlende Waffenteile habe sich der Verurteilte "bei Freunden" besorgen wollen.

Allerdings geht das Gericht von einem minder schweren Fall aus. Die Anschlagspläne seien noch wenig konkret, die Waffe noch nicht schussbereit gewesen, sagt der Richter. Zugunsten des Angeklagten hat das Gericht auch gewertet, dass sich der Neonazi die Waffenteile legal im Internet bestellen konnte.

Außerdem erinnert der Richter an die "bedrückende Lebenssituation" des Mannes. Ohne soziale Kontakte hat der Angeklagte in den letzten Jahren weitgehend isoliert von der realen Außenwelt im Keller des Elternhauses gelebt. Obendrein leide der junge Mann unter psychischen Problemen. Die seien aber nicht so gravierend, dass er für seine Planungen nicht verantwortlich zu machen sei. Allerdings müsse der Strafrahmen aufgrund der Umstände von zehn auf maximal fünf Jahre verkleinert werden. Die Anklage hatte vier Jahre gefordert. Die Verteidigung hatte für einen Freispruch plädiert.

Das Gericht empfindet dagegen eine Freiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren in dem Fall des Feuerkriegers aus der Oberpfalz für angemessen. Alle Waffen werden eingezogen. Der Mann muss die Kosten des Verfahrens tragen. Nach der Entlassung aus der Haft bekommt der junge Mann im Rahmen einer Führungsaufsicht einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt, um sein Leben und die psychischen Probleme in den Griff zu bekommen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Verteidiger Benedikt Kuchenreuter hat nach dem Urteil angekündigt, über einen möglichen Antrag zur Revision in der nächsten Woche erst noch mit seinem Mandanten beraten zu wollen.

DK

Nikolas Pelke