Seeon-Seebruck
"Wir wollen konsequenter abschieben"

CSU-Landesgruppe beschließt Positionspapier zu Migration - Insgesamt kaum neue Themen in Seeon

04.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:33 Uhr
Zu Gast bei der Winterklausur in Seeon war unter anderem Eberhard Zorn (r), Generalinspekteur der Bundeswehr. −Foto: Mirgeler/dpa

Seeon-Seebruck (DK/dpa) Die ersten Januar-Tage, so ist es Tradition in der deutschen Politik, gehören der CSU.

Grund sind die Klausuren, erst der CSU-Landesgruppe, also den Bundestagsabgeordneten, dann der CSU-Landtagsfraktion. Was jahrzehntelang in Wildbad Kreuth stattfand und dem Ort einen gewissen politischen Kultstatus bescherte, findet seit zwei Jahren in Kloster Seeon (Landesgruppe) und anderthalb Wochen später in Kloster Banz (Landtagsfraktion) statt. Nichts geändert hat sich an der Lautstärke, mit der die CSU Themen setzt - ihre bewährten "politischen Neujahrsknaller". So auch heuer.

Neben zahlreichen Gesprächspartnern - vom Passauer Bischof Stefan Oster über den Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, bis zum irischen Premierminister Leo Varadkar - fand die Berliner CSU-Landesgruppe in Kloster Seeon nördlich des Chiemsees wieder Zeit für zahlreiche Beschlüsse. Etwa den, endlich den Soli abzuschaffen. "Wir wollen den Solidaritätszuschlag schnell und endgültig abschaffen", hieß es gestern in einem Beschlusspapier. Fast drei Jahrzehnte nach der Deutschen Einheit sei es an der Zeit dafür. "Die Politik hat den Menschen in unserem Land immer wieder versprochen, dass der Soli befristet erhoben wird. Daran muss sie sich halten. " Der Einstieg, auf den man sich im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD geeinigt hatte, reiche nicht. "Der Soli gehört nicht mehr auf die Gehaltsabrechnung der Menschen, sondern in die Geschichtsbücher unseres Landes", so der CSU-Beschluss.

Problem nur: Schon bei der Bundestagswahl 2017 hatte die CSU den Wählern versprochen, den Soli abzuschaffen. Nicht nur versprochen - "wir garantieren den Menschen in unserem Land, dass wir diese Punkte bei einer unionsgeführten Bundesregierung im nächsten Regierungsvertrag verankern werden", hieß es . "Wir garantieren den Menschen in Deutschland eine Steuerentlastung von mindestens 15 Milliarden Euro", zusätzlich zur Soli-Abschaffung also "die größte Steuerentlastung seit mehr als 50 Jahren. " Wie gesagt, das war das Versprechen vom Sommer 2017. Im Winter 2019 übt sich die CSU weiter an dem Thema.

Anlässlich des Besuchs von Bundeswehr-Generalinspekteur Zorn sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, die CSU verstehe sich als "Partei der Bundeswehr": "Wir stehen als CSU zum Zwei-Prozent-Ziel der Nato. Das heißt, wir wollen deutlich mehr Geld in die Ausrüstung der Bundeswehr in den nächsten Jahren investieren als es in der Vergangenheit der Fall war. " Die neun Brigaden der Bundeswehr werden nach Ansicht Zorns aber erst in zwölf Jahren vollständig ausgestattet sein. Die Bundeswehr sei dennoch in der Lage, die jüngst übernommene Führungsrolle als Nato-Speerspitze in diesem Jahr zu erfüllen.

Die CSU-Landesgruppe beschloss am Freitag unter anderem auch ein Papier, das den Titel trägt: "Staat mit Stärke - für mehr Sicherheit und geordnete Migration". Darin heißt es: "Unser Rechtsstaat ist eine der größten Errungenschaften in der Geschichte unseres Landes, die wir entschlossen gegen seine Feinde verteidigen werden. Gegen die Extremisten von Links und von Rechts, gegen Islamisten und Terroristen, gegen Straftäter und die organisierte Kriminalität. "

Im Übrigen müsse Migration geordnet, gesteuert und begrenzt werden (war bekanntlich schon im letzten Bundestagswahlkampf ein Thema). Gefordert wird in dem Papier unter anderem ein europaweites Überwachungssystem für Gefährder, ein Ende von aneinandergereihten Bewährungsstrafen, die Gleichstellung von DNA-Analyse mit Fingerabdrücken (inklusive der Einrichtung einer großen DNA-Datei), den Ausbau des Kampfs gegen die Organisierte Kriminalität und Cyber-Kriminalität, die "Fachkräftezuwanderung in den Arbeitsmarkt, nicht aufs Arbeitsamt" und: "Wir wollen mehr und konsequenter abschieben. " Gefordert wird zudem eine zentrale Prüfstelle für Ausweisdokumente und "keinen deutschen Pass für Betrüger und Kriminelle".

Alles Punkte, die ihre Berechtigung haben mögen - aber von denen man denken könnte, sie seien seit der Januar-Klausurtagung 2016 , spätestens aber seit 2017 oder 2018 erledigt. So dreht sich die CSU-Landesgruppe thematisch gefühlt im Kreis. Die Vorgabe des bayerischen Ministerpräsidenten und designierten neuen CSU-Parteivorsitzenden Markus Söder, die er am Vortag bei seiner Ankunft in Kloster Seeon gemacht hatte ("Es müssen Ergebnisse folgen", weil die Menschen "die Theorie-Debatten leid sind"), lässt sich so wohl kaum erfüllen. "Es reicht nicht, wenn die CSU Meister im Ankündigen ist, sie muss Meister beim Erfüllen ihrer Ankündigungen sein", sagt einer. Söder selbst formuliert es so: Die CSU-Landesgruppe in Berlin müsse "mehr auf Effizienz achten, nicht auf Effekt".

Ob für die CSU da eine qualitative Veränderung in der Zusammenarbeit mit der CDU ins Haus steht, wird sich nun klären. Annegret Kramp-Karrenbauer, die Nachfolgerin von Bundeskanzlerin Angela Merkel an der CDU-Spitze, kommt die CSU-Landesgruppe in Seeon besuchen.

Alexander Kain