München
Südbayern im Ausnahmezustand: Neues Schneechaos droht

11.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:52 Uhr
Die Straße nach Österreich ist am Grenzübergang Mittenwald-Scharnitz auf Grund der Lawinengefahr gesperrt. −Foto: Angelika Warmuth/Archiv

Tausende Helfer in Bayern sind im Dauereinsatz: Dächer und Straßen räumen, eingeschlossene Bewohner versorgen. Die Bundesregierung kündigt an, die Zahl der Soldaten im Notfall aufzustocken - und die Wetterlage hat sich nur kurz entspannt.

Die Schneemassen im südlichen Bayern werden immer mehr zur tödlichen Gefahr. Am Freitag kam der Fahrer eines Schneepflugs in Lenggries ums Leben, als sein Fahrzeug umkippte und in einen Fluss stürzte. Auch in Garmisch-Partenkirchen gilt jetzt der Katastrophenfall - wie in vier weiteren Landkreisen. Von Samstagabend bis Montagabend soll im Alpenraum und im Bayerischen Wald wieder viel Neuschnee fallen, in niedrigeren Lagen soll es regnen. Dies könnte die Lage dramatisch verschärfen und den Schnee auf einsturzgefährdeten Dächern noch schwerer machen.

Am Freitag ließen die Schneefälle zwar etwas nach, für die Bewohner und Einsatzkräfte blieb aber kaum Zeit zum Verschnaufen. Mehr als 2200 Helfer und Einsatzkräfte waren im südlichen Oberbayern im Einsatz. Die Bundeswehr schickte 350 Soldaten in die tief verschneiten Landkreise. Sie befreiten Dächer von den schweren Schneemassen, versorgten Bewohner in schwer zugänglichen Orten und transportierten Helfer mit gepanzerten Kettenfahrzeugen. Rund 300 weitere Soldaten wurden in erhöhte Bereitschaft versetzt.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will an diesem Samstag den stark verschneiten Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen besuchen. Er wird nach Angaben der Staatskanzlei an einer Lagebesprechung der Einsatzkräfte teilnehmen und sich über die Rettungseinsätze und Arbeit der Hilfsorganisationen informieren.

Söder und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprachen nach dem tödlichen Schnee-Unfall eines neunjährigen Buben in Aying bei München der Familie ihr Beileid aus. Ein Baum war am Donnerstag unter der schweren Schneelast zusammengebrochen und hatte den Buben erschlagen.

Aus zahlreichen Regionen Bayerns kam Unterstützung für die Helfer vor Ort. Aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen rückten rund 130 Rettungskräfte mit mehr als 20 Fahrzeugen in die Region Traunstein aus. Das Landratsamt Deggendorf lieferte mehr als 120 Schneeschaufeln in das Berchtesgadener Land. In den Alpen halfen auch 70 Wasserretter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) beim Räumen der Dächer. Die Bundesregierung erklärte, dass die Zahl der Einsatzkräfte von Bundeswehr, Technischem Hilfswerk (THW) und Bundespolizei notfalls aufgestockt werden könne.

Viele Turnhallen in Südbayern blieben wegen der schweren Schneemassen auf den Dächern gesperrt. Bei der Räumung hätten deren Dächer aber hohe Priorität, sagte eine Sprecherin des Landratsamtes Miesbach. Die Turnhallen müssten als mögliche Notunterkünfte - unter anderem für evakuierte Bürger oder Rettungskräfte - frei gehalten werden.

Wegen verschneiter Gleise blieb der Regionalverkehr in Teilen von Oberbayern, Schwaben und Niederbayern weiter eingestellt. Nach Angaben eines Bahnsprechers fallen auch in den kommenden Tagen zahlreiche Züge aus. Bei der Münchner S-Bahn hatten Züge Verspätung oder fielen aus. Am Münchner Flughafen wurden am Freitag wetterbedingt 90 Flüge gestrichen. Zahlreiche Auto- und Lastwagenfahrer kamen in weiten Teilen Bayerns auf den Straßen ins Rutschen. Die Straße nach Innsbruck war am Grenzübergang Mittenwald wegen akuter Lawinengefahr gesperrt.

Pflegekräfte des Bayerischen Roten Kreuzes bekamen in den tief verschneiten Regionen Unterstützung von Landwirten. Mit Traktoren und Unimogs brachten Bauern die Pfleger zu den alten und kranken Menschen.

In Franken freuten sich die Verantwortlichen in den Skigebieten über den Neuschnee auf den Pisten. Auch die bayerischen Landwirte zeigten sich erfreut über die Schneefälle. „Auf den Feldern und in den Wäldern wird die Feuchtigkeit wegen der starken Dürre im letzten Jahr dringend benötigt“, sagte eine Sprecherin des Bayerischen Bauernverbands.

Die Schulstunden, die wegen des extremen Wetters ausfallen, müssen nach den Worten von Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) nicht nachgeholt werden. Die Lehrer können den Unterricht im weiteren Schuljahr nachholen. In etlichen Schulen fällt auch zu Beginn der neuen Woche der Unterricht aus.

dpa