München
Eine Vergütung für Spender?

Der Münchner Medizinethiker Georg Marckmann hält das für fair

13.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:15 Uhr
Jede Blutspende wird genauestens im Labor untersucht. −Foto: BSD

München (dpa) Mit Geld könnte man aus Expertensicht mehr Freiwillige zur Blutspende bewegen.

"Es wäre durchaus angemessen, die wertvolle Ressource Blut mit einer entsprechenden Aufwandsentschädigung zu vergüten. Man müsste es einfach einmal ausprobieren", sagt Georg Marckmann, Leiter des Instituts für Ethik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. In einem zweiten Schritt könnte man dann untersuchen, wie sich die Zahlung auf die Spendenbereitschaft auswirke.

Nur drei Prozent der Menschen hierzulande spenden Blut. Nach den derzeit geltenden Zulassungskriterien könnten es etwa 33 Prozent sein. Private Spendedienste, Pharmaunternehmen und auch staatlich-kommunale Dienste zahlen aber Aufwandsentschädigungen für Vollblutspenden.

Der größte Anbieter, das Deutsche Rote Kreuz (DRK), das etwa 70 Prozent des Blutes sammelt, bietet Spendern stattdessen Snacks, Getränke oder auch kleine Geschenke. Das DRK halte sich an einen internationalen ethischen Kodex des Roten Kreuzes, wonach Blutspenden unentgeltlich und freiwillig sein sollen, erklärt Kerstin Schweiger, Sprecherin der DRK-Blutspendedienste.

"Es gibt aus ethischer Sicht durchaus einige Argumente für eine Aufwandsentschädigung", so Marckmann. In unserer Gesellschaft sei es grundsätzlich zulässig, Waren und Dienstleistungen gegen Geld zu veräußern. Deshalb müsse man nicht den Handel, sondern die Einschränkung des Handels ethisch rechtfertigen. "Blutprodukte bieten dem Empfänger erheblichen Nutzen bis hin zur Lebensrettung - warum sollte der Blutspender nicht im Gegenzug eine Vergütung erhalten? ", fragt der Medizinethiker.

Blut sei eine knappe und wertvolle Ressource. Und Blutspendedienste oder nachgeschaltete Firmen verdienten damit Geld, so Marckmann. "Daher ist es einfach nur fair, wenn die Menschen, die diese Ressource zur Verfügung stellen und dafür Zeit aufwenden, auch eine angemessene Aufwandsentschädigung bekommen. Wie hoch diese sein könnte, müsste man kalkulieren", so Marckmann. Er hält aber etwa 25 Euro pro Stunde durchaus für angebracht. "Wenn das Blut hinterher kostenlos weitergegeben würde, wäre das etwas anderes. Dann wäre es sinnvoll, auch die Spende als altruistischen Vorgang zu sehen. "

Eine Blutspende dauert zwar nur etwa fünf bis zehn Minuten, doch Spender müssen sich vorher einem Gesundheitscheck unterziehen und mitunter auch Wartezeiten in Kauf nehmen. Laut DRK sollten sie eine Stunde einrechnen. Deutlich länger dauern Plasmaspenden (bis etwa 45 Minuten) oder Thrombozytenspenden (bis etwa zwei Stunden). Für letztere zahle auch das DRK eine Entschädigung, weil der Aufwand deutlich höher sei als bei Vollblutspenden, so Schweiger. Oftmals werde das Argument angeführt, die vergütete Blutspende führe zu einer Ausbeutung ärmerer Spender, die aus einer Notlage heraus spendeten. Die Spender könnten zudem ein höheres Krankheitsrisiko haben. "Wenn man das Blut gut untersucht, spricht eigentlich nichts dagegen", so der studierte Humanmediziner.

Die Haema AG, der größte private Anbieter, zählt schon jetzt junge Leute zur Hauptgruppe der Spender. 20 Euro gibt es hier für eine Blutspende. Im Durchschnitt seien die Spender 30 Jahre alt, unter ihnen auch viele 18-Jährige. "Mit dem Konzept gelingt es offensichtlich, viele junge Spender zu motivieren", so Sprecher Jan Noack.